Tagungsbericht

Faszinosum Revolution. Verheißung oder Bedrohung? Osteuropäische und globale Perspektiven

| vom 25.05.2017 | bis zum 27.05.2017 | Klaus Gestwa, Institut für osteuropäische Geschichte und Landeskunde, Eberhard Karls Universität Tübingen
Screenshot des Tagungsberichts auf www.hsozkult.de

Der 100. Jahrestag der Russischen Revolutionen von 1917 bot der von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur geförderten Tagung den Anlass, um vom 25. bis zum 27. Mai 2017 in Tübingen über die historische Rolle des Kommunismus, aber auch über die Revolution als einen Modus des beschleunigten und radikalen sozialen Wandels nachzudenken. Im Mittelpunkt der Tagung stand die Ambivalenz von Befreiung und Unterdrückung. Historikerinnen und Historiker aus zahlreichen Ländern gingen auf der Konferenz zentralen Fragen zum Roten Oktober nach und zeigten neue Forschungsperspektiven auf. Darüber hinaus erörterten sie, wie sich der Umbruch der Jahre 1989/1991 auf das allgemeine Verständnis von Revolution ausgewirkt hat und wie im heutigen Russland Geschichte gedeutet wird. Die Konferenz konnte zeigen, dass die Russischen Revolutionen seit 1917 eine prägende Rolle in der russischen Politik und Gesellschaft spielte. Die Aktualität des politischen Umgangs mit der Erinnerungskultur in Russland stellt die Geschichtswissenschaften erneut vor die Aufgabe, sich mit der Faszinosum Revolution auseinanderzusetzen.

Aus Anlass des einhundertsten Jahrestages der Russischen Februar- und Oktoberrevolution von 1917 sowie des 75. Geburtstages von Dietrich Beyrau, der sich in seinen Forschungen seit mehreren Jahrzehnten mit Krieg und Revolution in Russland auseinandersetzt, erörterten HistorikerInnen im Rahmen geschichtswissenschaftliche und erinnerungspolitische Fragen rund um die Aktualität des Faszinosums Revolution. In seiner Einführung verwies KLAUS GESTWA (Tübingen) vor dem Hintergrund des arabischen Frühlings und des ukrainischen Euromajdans auf die Aktualität der Thematik Revolution. Mit dem von Francis Fukuyama prognostizierten „Ende der Geschichte“ sei es keineswegs zum Abschied von der Revolution gekommen. Lesen Sie den vollständigen Tagungsbericht von Lina Loh bei H-Soz-Kult hier.

Konferenzübersicht:

Eröffnung
Klaus Gestwa (Tübingen)

Keynote I
Gerd Koenen (Frankfurt am Main): Der Rote Oktober im Zyklus des europäischen und globalgeschichtlichen „Zeitalters der Revolutionen“

Keynote II
Jan Plamper (London): Wie klang Februar, wie roch der Rote Oktober? Zur Sinnesgeschichte der Russischen Revolution

Sektion I: Jenseits der Metropolen
Pavel Shcherbini (Tambov): Die Russische Revolution in der Provinz
Igor Narskij (Čeljabinsk): Der Schrecken der Revolution. Reaktionen der Bevölkerung 1917-1921 im Ural.

Sektion II: Nach der Revolution
Svetlana Malysheva (Kazan): „Die Macht installiert sich auf dieser Barriere zum Tode“. Die Russische Revolution und die politische Instrumentalisierung des Totenkults
Nikolaus Katzer (Moskau): Gesichter und Masken. Russische Schriftsteller in Krieg und Revolution,
1914-1921

Sektion III: Kompliziertes Erinnern: Revolutionsjubiläen in Zeiten politischen Wandels
Elena Zubkova (Moskau): Das Imaginäre der Revolution: Oktober 1917 in den sowjetischen Spielfilmen – von Eisenstein bis Perestrojka
Boris Kolonickij (St. Petersburg): The Unpredictable Past in an Unpredictable Time. The 100th Anniversary of the Russian Revolution

Keynote III
Sheila Fitzpatrick (Sydney): Celebrating (or not) the Centenary of the Russian Revolution_

Sektion IV: Umbrüche seit 1989
Malte Rolf (Bamberg): Der Umbruch im Baltikum 1989-91
Benno Ennker (Radolfzell/ St. Gallen): „Konservative Revolution“ unter Putin -auf dem Weg zu einem neuen Führer-Regime?

Podiumsdiskussion: Die Ambivalenzen der Revolution: Gemeinschaftserlebnis, Gewaltraum, Erinnerungsort
Benno Ennker (Radolfzell / St. Gallen) / Klaus Gestwa (Tübingen) / Dietrich Beyrau (Tübingen) / Madhavan Palat (Neu Delhi)