Tagungsbericht

Über Revolutionen: Ursachen, Versprechen, Folgen

| vom 16.03.2017 | bis zum 17.03.2017 | Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam | Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V.
Euromaidan in Kiew am 1. Dezember 2013, Urheber: Nwssa Gnatoush, Lizenz: CC-BY 2.0

Zum Cenntenial der Russischen Revolution widmete sich die von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V. und dem Zentrum für Zeithistorische Forschung veranstaltete Konferenz den Ursachen, Versprechen und Folgen von Revolutionen. So war eine der zentralen Fragen, inwiefern sich die gesellschaftlichen Umstürze des 20. Jahrhunderts sich – imitierend oder abwehrend  – auf den „Roten Oktober“ bezogen.  Die vier Panels der Konferenz behandelten folgende Aspekte der Oktoberrevolution: Memorialisierung, Auswirkungen an der Peripherie (Finnland, Zentralasien, Mongolei), Ästhetik und künstlerische Ausdrucksformen sowie Eigentumsvorstellungen, die Revolutionen unverändert überdauern. Im abschließenden Plenum wurden die gegenwärtigen Beziehungen Russlands zum Westen und populistische Tendenzen in Ostmitteleuropa diskutiert.

Über die Ursachen, Versprechen und Folgen von Revolutionen im Allgemeinen wie im Besonderen diskutierten auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde in Kooperation mit dem Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam Historiker, Soziologen, Literatur-, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler aus dem In- und Ausland. Anlass war das 100-jährige Jubiläum der russischen Revolutionen des Jahres 1917. Zum Auftakt der Konferenz kennzeichnete der DDR-Bürgerrechtler und Bundestagspräsident a. D. WOLFGANG THIERSE (Berlin) die friedliche Revolution von 1989 als „vielfachen Ausbruch aus dem Gefängnis der Angst“. Als Lehre von 1989 begreift er die Überwindung geschlossener, eingesperrter Gesellschaften: In ihnen herrsche Stillstand und sie seien nicht überlebensfähig. Mit Blick auf die derzeit allgegenwärtige populistische Versuchung warnte er vor einer „Art Konterrevolution“, in der sich autoritärer Nationalismus und Wohlstandschauvinismus durchsetzten. Die Aussage des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, der angesichts des Flüchtlingsstroms aus Syrien gesagt habe: „Niemand kann verlangen, dass Ungarn sich ändert“, nannte Thierse fatal. Zugleich sei sie ein Zeugnis der wohl in Europa weit verbreiteten Angst vor Veränderungen. Er sieht die Zeit gekommen, eine kritische Bilanz der Transformationszeit zu ziehen und appellierte – eingedenk der europäischen Revolution von 1989/91 –, die „liberale, rechts- und sozialstaatliche Demokratie als politische Lebensform unserer Freiheit zu verteidigen“. Lesen Sie den vollständigen Tagungsbericht von Sophie Schmäing bei H-Soz-Kult.

Konferenzübersicht:

Ruprecht Polenz (Berlin / Münster) / Frank Bösch (Potsdam): Eröffnung

Wolfgang Thierse (Berlin): Prolog: Gesellschaften im Umbruch

Vortrag
Jack A. Goldstone (Arlington/Virginia): Revolutionen in der Moderne

Kommentar und Diskussion
Moderation: Jan Kusber (Mainz)

Liudmila Novikova (Moskau): Die Einordnung der russischen Revolutionen von 1917

Vortrag
Helmut König (Aachen): Hannah Arendt und die Theorie der Revolution

Kommentare und Diskussion
Moderation: Manfred Sapper (Berlin)

Asef Bayat (Illinois / Berlin), Kateryna Mishchenko (Kiew): Der arabische Frühling und der Euromajdan

Panel 1: Dekaden des Roten Oktober
Moderation: Thomas Lindenberger (Potsdam)

Jean-François Fayet (Freiburg / Fribourg)
Juliane Fürst (Bristol)
Maciej Górny (Warschau)

Panel 2: Die Oktoberrevolution an den früheren Peripherien des Zarenreichs. Interpretation und Geschichtspolitik
Moderation: Jan C. Behrends (Potsdam)

Zaal Andronikashvili (Berlin)
Irina Morozova (Regensburg)
Oula Silvennoinen (Helsinki)

Panel 3: Radical Chic. Ästhetik der Revolutionen
Moderation: Birgit Menzel (Mainz)

Roland Cvetkovski (Köln)
Ekaterina Degot (Köln)

Panel 4: Eigentumsvorstellungen und Eigentumsrechte. Der lange Schatten der Revolution
Moderation: Volker Weichsel (Berlin)

Kerstin Brückweh (Potsdam)
Carsten Herrmann-Pillath (Erfurt)
Alexander Libman (München)

Podiumsdiskussion: Revolution und internationale Ordnung
Moderation: Gabriele Freitag (Berlin)

Iryna Busygina (Moskau)
Jost Dülffer (Köln)
Harald Müller (Frankfurt am Main)

Podiumsdiskussion: Revolutionen und Gegenrevolutionen. 1989 und danach
Moderation: Michael Thumann (Berlin)

Mischa Gabowitsch (Potsdam)
Ruprecht Polenz (Berlin / Münster)
Wolfgang Templin (Berlin)

Veranstalter: