JHK 1993

Das Internationale Kolonialbüro der Komintern in Paris

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 126-130

Autor/in: Mustafa Haikal (Leipzig)

Am 30. Januar 1925 verhaftete die französische Polizei in Paris den Inder Manabendra Nath Roy. Auf Anordnung des Innenministers wurde er ohne Begründung nach Luxemburg abgeschoben. Roy hatte sich seit Juli 1924 in Paris aufgehalten. Ob die Ausweisung, wie der Inder in mehreren Protestbriefen mutmaßte, auf Druck der britischen Regierung erfolgte, ist nicht bekannt. Auch ohnedies gab es für die fanzösischen Behörden Gründe, der Beteuerung Roys, er habe sich niemals in die inneren Angelegenheiten Frankreichs eingemischt, zu mißtrauen.2 Roy galt in der Komintern (KI) seit dem II. Weltkongreß als einer der Spezialisten für die Frage der revolutionären Bewegung in den Kolonien und Halbkolonien.3 Da er zudem die Situation in Westeuropa aus eigener Anschauung gut kannte, schien er prädestiniert für eine Aufgabe, der sich die Komintern-Führung seit 1924, d.h. nach den Rückschlägen in Europa, erneut zuwandte: der Forcierung der Kolonialrevolution. Seinen unmittelbarsten Ausdruck fand dies in der Gründung des Internationalen Kolonialbüros (1KB) in Paris, dessen Leiter der Inder war und über dessen Tätigkeit hier erstmals berichtet werden kann.4 Auch wenn ein konkreter Beschluß nicht vorliegt, ist belegt, daß die Initiative für die Bildung des 1KB von der Ostabteilung des Exekutiv-Komitees der Komintern (EKKI) ausging.5 Im Umfeld der IV. Erweiterten Tagung der Komintern-Exekutive (12./13. Juli 1924) wurden dazu eine Reihe von Maßnahmen festgelegt. Das allgemeine Ziel des Büros sollte es sein, \"engereVgl. Selected works of M.N. Roy. Volume I. Edited by Sebnarayn Ray. Delhi, Oxford, New York 1988. S. 347 ff. 2 Vgl. ebenda. 3 Manabendra Nath Roy, 1887 in einer wohlhabenden bengalischen Familie geboren, beteiligte sich bereits als Student an antibritischen Protestaktionen. Im 1. Weltkrieg verließ er Indien, besuchte die USA und ging 1917 nach Mexiko, wo er sich der kommunistischen Bewegung anschloß. Als Delegierter der Kommunistischen Partei Mexikos (später: Mexikanische Kommunistische Partei) nahm er am II. Weltkongreß der Komintern teil, dem er \"Ergänzungsthesen über die Nationalitäten- und Kolonialfrage\" unterbreitete, die eine heftige Diskussion über Grundfragen der antikolonialen Revolution auslösten. Ab 1920/21 war Roy in Moskau und Taschkent in verschiedenen Funktionen für die Komintern und deren Ostsekretariat tätig. Ab 1922 hielt er sich in Berlin auf, wo er eine Vielzahl von Publikationen verfaßte und versuchte, von dort aus die revolutionäre Bewegung in Indien zu beeinflussen. Nach seiner Ausweisung aus Deutschland im Januar 1924 lebte Roy in der Schweiz, in Frankreich und Rußland. Er nahm am III., IV. und V. Weltkongreß der Komintern teil und wurde 1921 in die Exekutive (zunächst mit beratender Stimme) und 1924 in das Präsidium der Komintern (zunächst als Kandidat) gewählt. 1927 ging er im Auftrag des EKKI nach China. Ende 1929 wurde Roy mit der Begründung \"rechter Abweichungen\" aus der Komintern ausgeschlossen. Über Berlin kehrte er 1930 nach Indien zurück. 1931 inhaftiert, schloß sich Roy nach seiner Freilassung 1936 der Kongreß Partei an und gründete 1940 die Radikaldemokratische Partei. Er starb 1954 in Indien. Vgl. Selected works, a.a.O., Volume I, 1987, S. 1 ff.; Roy, M.N.: Memoirs. Bombay 1964; Zink, A.: Vorgeschichte und Entwicklung der politischen Ideen Manabendra Nath Roys 1920-1927. Diss., München 1974. 4 Lediglich in der Einführung zu der auf sechs Bände geplanten Werkausgabe Roys findet sich ein kurzer Hinweis auf das Büro. Vgl. Selected works, a.a.O., Volume I, 1987, S. 24. 5 Vgl. Bericht der Ost-Abteilung an das Präsidium der Komintern vom 16.5.1925, in: Russisches Zentrum für die Aufbewahrung und Erforschung von Dokumenten der neuesten Geschichte (im folgenden: RZAEDNG), F. 495, op. 2, d. 39. M. Haikal: Kolonialbüro der KominternJHK 1993 127Beziehungen zu den Bewegungen in den französischen und englischen Kolonien anzuknüpfen und gleichzeitig die Tätigkeit der französischen und englischen KP\'s in den Kolonien und die in den Mutterländern im Interesse der Kolonien entfaltete Tätigkeit zu steigern\".6 Da es aus der Sicht der Kominternführung infolge der unsicheren und schlechten Verbindungen unmöglich war, dieses Ziel von Moskau aus zu realisieren, bestimmte sie Paris zum Sitz des Büros. Der ursprüngliche Gedanke, es in London einzurichten, ließ sich nicht verwirklichen. Vor allem Roy wäre in England akut gefährdet gewesen und hätte nur illegal in der britischen Metropole arbeiten können.7Die erste Sitzung des 1KB fand am 3. September 1924 statt. Ihr waren mehrere Vorbesprechungen zwischen Roy und dem Vertreter des EKKI bei der französischen Partei, A. Guralski,8 vorausgegangen.9 Wenngleich das Präsidium der KI die Gründung des Kolonialbüros erst am 13. September bestätigte, 10 beschlossen Roy, Guralski und der für die Französische Kommunistische Partei (FKP) anwesende J. Doriot, die Arbeit aufzunehmen.!! Die Komintern hatte dem 1KB zum damaligen Zeitpunkt noch keinerlei Geldmittel zur Verfügung gestellt; auch der vorgesehene Vertreter der englischen Partei, C.P. Dutt, traf erst am 10. Oktober in Paris ein. 12 So beschränkten sich die Mitglieder des Büros zunächst darauf, dem Kolonialausschuß der FKP eine Reihe von Maßnahmen vorzuschlagen. Er wurde u.a. aufgefordert, sich mit der Confäderation Generale du Travail Unitaire (CGTU) \"über die Aufgabe der Organisierung der kolonialen Arbeiter in Frankreich in Verbindung zu setzen\". In einer ersten gemeinsamen Sitzung mit dem Kolonialausschuß, die am 10. September stattfand, faßte man dann eine Reihe konkrete-6 Ebenda. 7 Vgl. An das Politische Büro der KP Englands, Paris, 22./24. Oktober 1924, in: RZAEDNG, F. 495, op.18, d. 325 a. 8 A. Guralski, 1890 als Abraham Heifetz geboren, lebte in Riga und besuchte die Universität Kiew. Un-ter dem Decknamen Benjamin schloß er sich dem Bund, der Jüdischen Sozialistischen Bewegung, an. Nach der Oktoberrevolution wurde er im August 1917 ins Provinzkomitee des Bundes für die Ukraine, im Dezember ins ZK des Bundes gewählt. 1919 brach er mit dem Bund und schloß sich unter dem Namen Guralski den Bolschewiki an. Die Komintern, für die er arbeitete, schickte ihn auf Auslandsmissionen. Er war KI-Emissär bei der KPD (Deckname: Kleine), bei der KPF (Deckname: Lepetit) und der Kommunistischen Bewegung Lateinamerikas (Deckname: Juan de Dios). Während der März-Aktion 1921 in Deutschland agierte er als Bela Kuns \"rechte Hand\". Ein Jahr später wurde er zum ständigen Vertreter der KI in Berlin. 1923 wurde er in die Zentrale der KPD gewählt. Er war maßgeblich an der Ausschaltung der KPD-Funktionäre Heinrich Brandler und August Thalheimer durch die KI beteiligt. Derart bewährt, entsandte ihn die KI 1924 als ihren ständigen Vertreter nach Paris, um den unerwünschten Einfluß von Boris Souvarine einzudämmen und eine zuverlässige Delegation zum V. Kongreß der KI zusammenzustellen. Seit seiner Rückkehr nach Moskau 1926 führten ihn nur noch wenige kurze Missionen ins Ausland, bevor er, 1929 zum Chef des Lateinamerika-Sekretariats der KI geworden, in Brasilien, Argentinien und Chile eingesetzt wurde. 1933 oder 1934 wurde er nach Moskau zurückbeordert. Kurz darauf wurde er während Stalins Säuberungen verhaftet. Er starb vermutlich 1960. Vgl. Lazitch, Branko (in Zusammenarbeit mit Milorad M. Drachkovitch): Biographical Dictionary of the Comintern. Stanford 1973. S. 135 f. 9 Vgl. Brief Roys an das Sekretariat der KI, Paris, 11. September 1924, in: RZAEDNG, F. 495, op. 18, d. 325 a. 10 Vgl. ebenda, F. 495, op. 2, d. 31. 11 Vgl. zu den Biographien: Lazitch, Biographical Dictionary of the Comintern, a.a.O. (Neuausg. 1986); Weber, Hermann: Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik. Bd. 2. Frankfurt/M. 1969. 12 RZAEDNG, F. 495, op. 18, d. 325 a. 128 JHK 1993Aufsätze und Miszellenrer Beschlüsse. So sollte je ein Genosse nach Algerien und nach Marokko geschickt und die kommunistische Presse in Algerien finanziell unterstützt werden. Mitte Oktober 1924 bestand das IKB aus vier vom Präsidium der Komintern bestätigten Personen. Neben Roy, dem Vorsitzenden, waren dies Doriot (FKP), Dutt (KPGB) und der Vertreter des EKKl bei der französischen Partei, Guralski. Ein fünfter, in der Struktur vorgesehener Mitarbeiter aus einer der Ostsektionen der Kl, der zugleich als Sekretär arbeiten sollte, wurde noch erwartet. Ende Oktober erhielt das Büro ca. 2.600 Dollar aus Moskau, die zu je 40 Prozent für die Arbeit in den französischen Kolonien und für eine noch nicht bestehende englische Kommission des Kolonialbüros sowie zu 20 Prozent für den allgemeinen technischen Apparat und die Publikationstätigkeit ausgegeben werden sollten.13 Somit finanziell einigermaßen abgesichert, wurde nunmehr ein detaillierter Arbeitsplan erstellt, der u.a. folgende Aufgaben umfaßte: - die Vorbereitung einer Konferenz der aus den Kolonien stammenden Arbeiter in Frankreich; 14 - die Organisierung einer Schule, um revolutionäre Agitatoren, Gewerkschaftsorganisatoren und Parteiarbeiter in den Kolonien heranzubilden; - die Vorbereitung eines internationalen Kongresses der in Europa immatrikulierten Studenten aus den Kolonialländern; - die Veröffentlichung einer formal unabhängigen Kolonialrundschau auf englisch und französisch, um marxistische Gedanken unter den Intellektuellen der Kolonien und Halbkolonien einzuführen und die europäischen Kommunisten mit der Problematik besser vertraut zu machen; - die Fixierung eines konkreten Plans für die Reorganisation der Tätigkeit in den französischen Kolonien.Die genannten Punkte wurden z.T. nochmals untersetzt. So sollte im Anschluß an den Studentenkongreß eine \"Liga orientalischer Studenten\" organisiert werden, um die kommunistische Propaganda unter ihnen zu fördern. Für die geplante Kominternschule waren zunächst ca. 100 afrikanische Arbeiter (sehr wahrscheinlich Nordafrikaner) aus Frankreich selbst und zehn bis zwanzig Studenten aus Indien vorgesehen, letztere für einen immerhin dreimonatigen Kursus.Während die Zusammenarbeit von FKP und IKB schnell und reibungslos begann, kam es zwischen ihm und der englischen Partei von Anfang an zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten. Schon in seinem ersten Bericht an die Kominternführung hatte sich Roy über die Untätigkeit und Gleichgültigkeit der britischen Genossen gegenüber dem Büro beschwert.15 Nach der Ankunft von Dutt in Paris fanden zwei Sitzungen statt, die Roy zu der Schlußfolgerung veranlaßten, daß die englische Partei in der Kolonialfrage nicht viel vollbracht habe und in der Tat nicht einmal ein richtiger Anfang gemacht sei.16 Er schlug der Komintern daher vor, ein aus fünf Personen bestehendes Kolonial-Komitee in London einzurichten. Im sollten W. Gallache als Vorsitzender, C.P. Dutt als Mitglied des Kolonialbüros und Sekretär, der Vertreter des EKKI in London, Evelyn Roy, sowie ein noch zu bestimmendes Mitglied des ZK der13 Zunächst war von 2.000, später von 2.600 Dollar die Rede, wobei nicht ganz klar ist, für welchen Zeitraum (Monatsrate?) diese Summe berechnet wurde. Vgl. Bericht des Kolonialbüros, Paris, 29. Oktober 1924; Brief von Roy an G. Woitinsky, Paris, 29. Oktober 1924, in: Ebenda.14 Vgl. auch im folgenden: Bericht des Kolonialbüros, Paris, 29. Oktober, in: Ebenda. 15 Vgl. An das Sekretariat der KI, Paris, 11. September 1924, in: Ebenda. 16 Vgl. Bericht des Kolonialbüros, Paris, 29. Oktober, in: Ebenda. M. Haikal: Kolonialbüro der KominternJHK 1993 129englischen Partei angehören. In einer der Kominternführung vorgelegten \"Resolution über die koloniale Arbeit in England\" vom Oktober 1924 wurde angeregt, dieses Komitee dem Pariser Kolonialbüro und dem politischen Büro der englischen Partei zu unterstellen und es auch durch das Kolonialbüro zu finanzieren.17 Die Resolution enthielt zudem einen detaillierten Arbeitsplan, in dem Roy die KPGB aufforderte, sofort wenigstens drei Genossen nach Indien zu schicken und in London selbst ein indisches und ein ägyptisches Büro unter Leitung des Kolonial-Komitees zu gründen. Darüber hinaus war daran gedacht, ein \"parteiloses Komitee aus Arbeiterführern und bedeutenden Arbeiterparteipolitikern\" zu bilden, um in England die \"Propaganda für die politischen Rechte der indischen Arbeiter zu führen\". Am l. Dezember 1924 wandte sich Roy abermals an das EKKI, wobei er seine Vorwürfe gegen die englische Partei weiter zuspitzte.18 Deren Haltung, so der Inder, laufe darauf hinaus, daß sie nichts von selber tue, aber auch nicht erlauben wolle, daß die Arbeit von einer besonderen für diesen Zweck aufgestellten Organisation angefaßt und erledigt werde. Erneut forderte Roy die Möglichkeit, in London einen besonderen Apparat des Kolonialbüros aufzubauen, äußerte jedoch zugleich die Befürchtung, \"daß ein solcher Schritt vom ZK [der englischen Partei, M.H.] als Beschränkung seiner \'Autorität\' aufgefaßt und unsere Arbeit sabotiert wird\". Die Haltung einiger Mitglieder des politischen Büros der englischen Partei sei sektiererisch und entspringe der Befürchtung, daß der \"Zustrom neuer Elemente den Status qua ihrer Führerschaft stören könnte\". Abschließend plädierte Roy dafür, zu versuchen, große Teile der Labour-party und der Gewerkschaften in die antikoloniale Arbeit einzubeziehen. Das Sekretariat des EKKI beschäftigte sich in seinen Sitzungen vom 22. Dezember 1924 sowie vom 13. Januar 1925 mit der Situation des IKB, wobei die Vorwürfe Roys gegen die englische Partei im Mittelpunkt der Diskussion standen.19 Auf der Sitzung vom 13. Januar, an der C. Zetkin, J. Humbert-Droz, Petrow (F. Raskolnikow), Brown und J. Pepper (J. Pogany) als Vorsitzende teilnahmen, wurde der unbefriedigende Zustand der antikolonialen Arbeit der KPGB einerseits bestätigt, andererseits relativiert, indem man auf die schwierige Situation der Partei aufmerksam machte. Diese sei in der Wahlkampagne und dem Kampf in den Gewerkschaften sehr beschäftigt gewesen und verfüge zudem nicht über genügend Kräfte, weshalb die Arbeit in den Kolonien vernachlässigt werde. In einer Reihe von Beschlüssen erweiterte das Sekretariat des EKKI die Befugnisse des 1KB. Die Kolonialkommissionen der britischen und französischen Partei sollten demnach nicht mehr allein unter der Leitung der betreffenden Partei stehen, sondern zugleich vom Kolonialbüro \"überwacht und koordiniert\" werden. Dem Kolonialbüro wurde das Recht eingeräumt, mit dem Politbüro der beiden Parteien direkt zu verkehren.Diese Aufwertung der Kompetenzen des 1KB kam, wie sich sehr bald herausstellte, zu spät. Die Verhaftung Roys führte zu einem abrupten Ende der Tätigkeit des Büros. Die Kominternführung sah sich außerstande, kurzfristig eine andere Person mit der Aufgabe zu betrauen, ein Verweis auf den permanenten Mangel an qualifizierten Kadern in der kommunistischen Bewegung. Wenngleich man in Moskau zunächst darauf orientierte, das IKB zu einem späteren Zeitpunkt zu reaktivieren, wurde die Arbeit des Büros nicht wieder aufgenommen. Im Bericht der Ost-Abteilung an das Präsidium der Komintern17 Vgl. auch im folgenden: Ebenda. 18 Vgl. auch im folgenden: Ebenda, F. 495, op. 60, ed. ehr. 43. 19 Vgl. auch im folgenden: Protokoll der Sitzung des Sekretariats vom 13. Januar 1925 über Fragen desInternationalen Kolonialbüros, in: Ebenda. 130 JHK 1993Aufsätze und Miszellenvom 16. Mai 1925 heißt es dazu: \"Die Ausweisung Roys aus Frankreich, die gerade im Moment erfolgte, wo sich die Tätigkeit des Kolonial-Büros entfaltete, fügte unserer aus Frankreich entfalteten Kolonialarbeit einen gewaltigen Schaden zu. Die Tatsache, daß es für Roy, den Vorsitzenden des Büros, unmöglich ist, in irgendeinem europäischen Lande, woher die Arbeit in den englischen und französischen Kolonien am besten geführt werden könnte, Zuflucht zu finden, veranlaßte die Ostabteilung, vorübergehend auf die Arbeit in diesen Kolonien im Wege des Kolonial-Büros zu verzichten. Diese Arbeit muß aber im Wege der Kolonialkommissionen der KP Frankreichs und Englands, mit denen die Ostabteilung seit der Erweiterten Exekutive den engsten Kontakt hat, fortgesetzt und gesteigert werden.\"20In diesem und einem weiteren Bericht21 werden auch die Ergebnisse der Tätigkeit des 1KB summiert. Demnach konnte mit Hilfe des Büros in Paris eine Schule für die Heranbildung von Parteiarbeitern für die nordafrikanischen Kolonien organisiert und eine Pariser Regionalkonferenz der in Frankreich lebenden Arbeiter aus den Kolonien veranstaltet werden. Zudem knüpfte das Büro erste Kontakte zu einer Reihe wichtiger Führer der nationalen Bewegungen in Nordafrika (Abd al-Karim, Halid al-Hasimi). Vertreter der algerischen und tunesischen Parteiorganisationen der FKP wurden zu Gesprächen nach Paris eingeladen. Als zentraler Punkt ist in den Dokumenten die Reorganisation der Kolonialkommission der FKP vermerkt. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß sich die Arbeit des 1KB im wesentlichen auf Frankreich und die nordafrikanischen Kolonien bezog. Die Reorganisation der Kolonialkommission der britischen Kommunisten erfolgte, ohne daß dabei die Vorschläge des Pariser Büros voll umgesetzt wurden (\"not quite along the lines suggested by the Bureau\"22). Doch auch die Tätigkeit des 1KB in Frankreich beschränkte sich vor allem auf die Pariser Region und kann, selbst wenn man die objektive Divergenz von Anspruch und Realität berücksichtigt, kaum erfolgreich genannt werden. Allerdings ist zu bedenken, daß die FKP 1925 den Höhepunkt ihrer Wirksamkeit auf dem Gebiet antikolonialer Propaganda erreichte (Generalstreik vom 12. Oktober).23 Auch die Kontroverse des 1KB mit der britischen Partei muß komplexer eingeordnet werden. Welche politischen und persönlichen Interessen und Vorbehalte hier aufeinanderstießen, wird anhand der vorliegenden Dokumente nicht deutlich, wie überhaupt wenig über die Konkreta der Arbeit der westeuropäischen Kommunisten in der kolonialen Frage bekannt ist.20 Der von Petrow und Woitinsky unterzeichnete Bericht wurde im Präsidium vm 26. Mai 1925 diskutiert. Ebenda, F. 495, op. 2, d. 39.21 Vgl. auch im folgenden: Ebenda, F. 495, op. 60, ed. ehr. 43; F. 495, op. 2, d. 39. 22 Ebenda,F.495,op.60,ed.chr.43. 23 Vgl. abd el-Krim et la republique du rif. Actes du colloque international d\'etudes historiques et socio-logique 18.-29. janvier 1973. Paris 1976.

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