JHK 1993

Der Fall Dattan - Eine Skizze zu den KPD-Opfern Stalins und ihrer Rehabilitierung

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 249-260

Autor/in: Werner Dietrich (Halle)

Vorbemerkung: Nachdem Mitte der dreißiger Jahre die Stalinsche Massensäuberungswelle auch den größten Teil der in die Sowjetunion emigrierten deutschen Kommunisten erfaßt hatte, wurden viele von ihnen zum Doppelopfer. Sie hatten die Verfolgung des Hitlerstaates überlebt, nun aber begann erst ihre eigentliche Tragödie. Ausgerechnet der Staat, der von jeher als ihr großes Vorbild galt, setzte sie einem Terrorregime aus, das allzuoft ihre physische Vernichtung herbeiführte. Eines der Opfer war auch der Mitbegründer der KPD, Otto Dattan. Da auch dessen Tochter Erika in die Fänge des NKWD gelangte, spielte sich hier zugleich ein Familiendrama ab.Auf das Schicksal von Otto Dattan in der Sowjetunion hat Hermann Weber bereits 1969 verwiesen.! Spätere Publikationen, insbesondere nach der allmählichen Öffnung der ehemaligen DDR-Archive, haben ihn ebenfalls als Stalinopfer benannt.2 Eine weiterfassende Thematisierung des \"Falls Dattan\" steht allerdings noch aus. Die folgende Skizze stellt daher einen ersten Versuch dar. Sie stützt sich vor allem auf jetzt zugängliche Quellen aus den ehemaligen DDR-Archiven sowie aus dem privaten Nachlaß von Erika Dattan.Biographische EinstimmungDie Entwicklung Otto Dattans zum kommunistischen Funktionär vollzog sich geradezu in einer Bilderbuchkarriere. Der am 16. Februar 1875 in Allstedt (Thüringen) geborene Sohn eines Bäckermeisters hatte sich nach kaufmännischer Lehre und Wanderschaft in Elberfeld niedergelassen. Hier übernahm er 1902 eine Drogerie. Im gleichen Jahr war er der SPD beigetreten. Aus Protest gegen die Haltung der SPD-Führung zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges beteiligte er sich an der Bildung einer Elberfelder Oppositionsgruppe. Diese stand in Verbindung mit den Bremer Linksradikalen. Ostern 1916 nahm Dattan an einer von Karl Liebknecht angeregten illegalen Antikriegskonferenz der Arbeiterjugend in Jena teil. Als er im Juli 1916 Protestflugblätter gegen die VerhaftungVgl. Der Gründungsparteitag der KPD. Protokolle und Materialien. Hrsg. u. eingel. von Hermann Weber. Frankfurt/Main, Wien 1969. S. 313. 2 Vgl. Wehner, Herbert: Zeugnis. Köln 1982. S. 214; Weber, Hermann: \"Weiße Flecken\" in der Geschichte. Die KPD-Opfer der Stalinschen Säuberung und ihre Rehabilitierung. 2. Aufl., Frankfurt/Main 1990. S. 21, 30, 70; Voßke, Heinz: Briefe Wilhelm Piecks an Georgi Dimitrow und D.S. Manuilski aus den Jahren 1937 bis 1942, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 31 (1989) 4. S. 493, Fußnote 7; Wimmer, Walter: \"Unter falschen Anschuldigungen verhaftet\". Zum Schicksal deutscher Kommunisten im sowjetischen Exil, in: Neues Deutschland, 2./3.12.1989. S. 13; Schnörig, Kurt: Ratsmitglied Otto Dattan starb in Stalins Kerker, in: Wuppertal-Magazin, (1990) 1. S. 6 f.; SED und Stalinismus. Dokumente aus dem Jahre 1956. Berlin 1990. S. 153; In den Fängen des NKWD. Deutsche Opfer des stalinistischen Terrors in der UdSSR. Berlin 1991. S. 54. 250 JHK 1993Biographische Skizzen/ZeitzeugenberichteLiebknechts verteilte, wurde er verhaftet und nach viermonatiger Untersuchungshaft im Frühjahr 1917 vom Leipziger Reichsgericht zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Eine schwere Erkrankung verhinderte Dattans Militäreinsatz. Genesen, begann er in Elberfeld den Spartakusbund mit zu organisieren. Als dessen Delegierter war er dann Teilnehmer des Gründungsparteitages der KPD in Berlin. In den folgenden fraktionellen Kämpfen der Jahre 1919/20 verhielt er sich \"linientreu\". Danach rückte er zum Mitglied der KPDBezirksleitung Niederrhein auf. Von 1922 bis 1923 arbeitete er als Lokalredakteur für die \"Rote Tribüne\", dem KPD-Blatt für die Städte Elberfeld, Barmen, Vohwinkel und Hagen. Ab 1926 war er auch Mitglied der zentralen Revisionskommission der KPD in Berlin. Enge Verbindungen hatte Dattan zu bekannten kommunistischen Funktionären, die öfters in seinem Hause weilten. Dazu gehörten u.a. Wilhelm Pieck, Bernhard Bästlein, Theodor Neubauer und Hermann Duncker. Auch der spätere SED-Propagandachef, Albert Norden, verkehrte bei ihm. Es verwundert deshalb nicht, daß die gesamte Familie Dattan in die kommunistische Bewegung involviert war. Seine Frau Amanda (18781963) war Mitglied der KPD. Der Sohn Günter (1906-?) kam über den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) 1931 in die KPD. Tochter Erika (19101989) gehörte seit 1932 dem KJVD an. Im Bergischen Land ist Otto Dattan wohl am bekanntesten durch seine Tätigkeit als Kommunalpolitiker gewesen. Seit 1927 war er Stadtverordneter in Elberfeld. Nach dem Zusammenschluß der Wupper-Gemeinden zur Großstadt Wuppertal im Jahre 1929 führte er hier bis 1933 die kommunistische Fraktion im Rathaus.3In den Fängen von Gestapo und NKWDBei der letzten halbwegs freien Kommunalwahl am 12. März 1933 war Otto Dattan wiedergewählt worden.4 Sein Amt konnte er allerdings nicht mehr antreten, da er bereits am 1. März von der SA verhaftet worden war. Über die Gefängnisse Elberfeld und Duisburg kam er ins KZ Brauweiler bei Köln. Offenbar versehentlich entließ man ihn Anfang Juni, denn bald darauf erschien die SA in seiner Wohnung, um ihn erneut zu verhaften. Dattan, durch einen SA-Angehörigen gewarnt, konnte flüchten und im Rheinland untertauchen.5 Da er nicht aufzufinden war, berichteten selbst deutsche Antifaschisten in einem in der Schweiz herausgegebenen Braunbuch, Otto Dattan sei ermordet worden.6 Irrtümlicherweise, denn er hatte sich inzwischen ins Saargebiet abgesetzt.Auch im Saargebiet war Otto Dattan für die KPD tätig. Nach der Saarabstimmung flüchtete er nach Frankreich. Als Emigrant lebte er hier zunächst in einem Lager in Strasbourg, später im Emigrantenlager von La Roche sur Yon.7 Dort gehörte er, wie immer auf der jeweiligen Parteilinie, am 1. August 1935 zu den Unterzeichnern eines3 Biographische Daten zusammengestellt nach: Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, Zentrales Parteiarchiv der SED (ZPA SED), 12/3/82, BI. 285; KominternArchiv Moskau (KIA), Lebenslauf Otto Dattan, unsigniert, wurde von Reinhard Müller (Hamburg) zur Verfügung gestellt; Nachlaß Erika Dattan 1, im Besitz Farn. Kratzsch Halle, unsortiert/unsigniert (NLED 1), Aufzeichnungen; Nachlaß Erika Dattan 2, im Besitz Walter Tschapek Halle, unsortiert/unsigniert (NLED 2), Aufzeichnungen.4 Vgl. Stadtarchiv Wuppertal, DV 696, BI. 11 r. 5 Vgl. KIA, Lebenslauf Otto Dattan, unsigniert. 6 Vgl. Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitler-Terror. Basel 1933. S. 352. 7 Vgl. KIA, Lebenslauf Otto Dattan, unsigniert. W. Dietrich: Der Fall DattanJHK 1993 251Grußschreibens an den VII. Weltkongreß der Komintern, die ganz im Sinne des neuen Moskauer Kurses \"die restlose Verwirklichung der antifaschistischen Einheitsfront\" begrüßten.8 Im selben Monat konnte Dattan in die Sowjetunion ausreisen. Auf Grund seines Antrages hatte sich die deutsche Vertretung des EKKI bei der Komintern dafür beim ZK der Internationalen Roten Hilfe (MOPR) in Moskau verwandt. Ausdrücklich war bescheinigt worden, daß es sich bei ihm \"um einen alten verdienten Genossen\" hande!t.9 Zunächst fuhr er nach Moskau, wo er sich u.a. mit Wilhelm Pieck traf und einen Lebenslauf bei der Komintern (Dokument Nr.!) einreichte. Anschließend begab er sich nach Leningrad, wo seine Tochter lebte. Angesichts seines fortgeschrittenen Alters bezog er hier über die MOPR eine Pension, arbeitete aber noch in der öffentlichen Leningrader Staatsbibliothek.In der dortigen Abteilung für ausländische Literatur war auch Erika Dattan tätig, die bereits im Herbst 1934 in die Sowjetunion gekommen war. Um der drohenden Verhaftung zu entgehen, hatte sie Deutschland im Juni 1933 verlassen und war nach Paris emigriert. Hier wirkte sie im antifaschistischen Komitee, wo sie auch Albert Norden wiedertraf, der ihre Anerkennung als Politemigrantin bewirkte. Da jedoch in Frankreich keine Arbeit zu finden war, entschloß sie sich, in die Sowjetunion zu gehen. Durch die Hilfe von Henri Barbusse, der sich an den Gottlosenbund in Leningrad gewandt hatte, waren ihr Einreisevisum, Arbeit und Wohnung gewährt worden. 1936 nahm sie die sowjetische Staatsbürgerschaft an. 10Inzwischen war in Deutschland die Gestapo im Falle der Dattans keineswegs untätig gewesen. Bei der Vernehmung eines zurückgekehrten Saaremigranten war sie bereits im Juli 1934 auf den Verbleib von Otto Dattan gestoßen.II Nach weiteren Ermittlungenl 2 erschien sein Name auf der Fahndungsliste des Geheimen Staatspolizeiamtes Berlin vom 14. Juli 1937 unter der Nr. 3661. Hinzugefügt war der Hinweis \"Festnehmen\".13 Auch die Umstände der Emigration der Dattans und ihr Aufenthaltsort Leningrad waren der Gestapo bekannt. Für Otto Dattan wurden eine Vorladung an das Deutsche Generalkonsulat in Leningrad angefertigt und ein Ausbürgerungsverfahren eingeleitet. Am 13. Oktober 1938 erkannte man ihm die deutsche Staatsangehörigkeit ab.14All dies gelangte dem Ausgebürgerten nie zur Kenntnis. Das Makabere an der Situation bestand darin, daß er zu jener Zeit längst den Terrorapparat des NKWD kennengelernt hatte. Schon während der Massenverhaftungswelle des Frühjahrs 1938, der auch hunderte Deutsche zum Opfer fielen, war Otto Dattan am 11. Februar nachts von der Geheimpolizei Jeschows abgeholt worden.158 ZPA SED, 12/3/351, BI. 118, 120. 9 Ebenda, I 2/3/346, BI. 25. 10 Vgl. ebenda, IV/2/11/r., BI. 33 V.; NLED 2. 11 Vgl. Bundesarchiv, Abt. Potsdam, Pst 3/82, BI. 5. 12 Vgl. ebenda, St 3/230, BI. 127, 199. 13 Vgl. ebenda, Pst 3/300, BI. 106. 14 Vgl. Bundesarchiv, Zwischenarchiv Dahlwitz-Hoppegarten (BA ZA D-H), NJ 327, BI. 10 v. u. r., BI.23 v; NLED 2; Ein gegen Erika und Otto Dattan beim Volksgerichtshof angestrebtes Verfahren wurde im Mai 1938 wegen Abwesenheit vorläufig eingestellt, die erstellten Suchvermerke allerdings bis 1944 weiterbearbeitet. Vgl. dazu: BA ZA D-H, NJ 327, BI. 22, 23 v. u. r., 24 v. u. r. 15 Vgl. ZPA SED, IV/2/11/v., BI. 33 r; NLED 2, Aufzeichnungen, Günter und Erika Dattan, Bescheinigung des Obersten Gerichts der UdSSR, 24. Februar 1962. 252 JHK 1993Biographische Skizzen/ZeitzeugenberichteDie Haltung der Moskauer KPD-Führung zum Massenterror ist hinreichend bekannt. Über den Umfang der Repressalien war sie vielfach unterrichtet, blieb aber Gefangene des von ihr selbst vertretenen stalinistischen Gesellschaftsmodells. Anstatt sich schützend vor die Masse der eigenen Genossen zu stellen, setzte sie auch in den Reihen der KPD eine Kampagne der \"Wachsamkeit\" gegen \"Trotzkisten\", \"Spione\" und \"Volksfeinde\" in Gang, womit letzlich der sowjetischen Geheimpolizei in die Hände gearbeitet wurde.16 Nur in wenigen Fällen unternahm die KPD-Leitung Schritte für einige verhaftete Personen, wobei davon ausgegangen wurde, daß diese sich keiner \"Abweichung\" oder \"sowjetfeindlichen Handlung\" schuldig gemacht hatten. Dies verdeutlicht ein Brief Piecks an Georgi Dimitrow vom 20. April 1938, den dieser an den Stellvertreter des Volkskommissars für Inneres, M. Fimowski, weitergeleitet hatte.17 Diesem Brief war eine Liste mit den Kurzbiographien 15 Verhafteter beigefügt,18 deren Freilassung erreicht werden sollte. Darunter befand sich auch Otto Dattan, dem wiederum bescheinigt wurde: \"An irgendwelchen parteifeindlichen Fraktionen oder Gruppierungen hat er nicht teilgenommen, sondern war ein aktiver Kämpfer für die Linie der Partei.\"19 Über die Reaktion der sowjetischen Behörden berichtet Herbert Wehner, daß über die auf der Liste stehenden Paul Schwenk, Willy Kerff und Walter Dittbender Auskunft gegeben wurde. Ihnen wurde Arbeit für die Gestapo unterstellt. Weiter schreibt Wehner: \"Im Falle Dattans und Bernhard Richters wurden jedoch keine Auskünfte gegeben, ungeachtet dessen, daß es sich bei beiden um alte Parteiveteranen handelte, deren ganzes Leben sozusagen offen vor aller Augen vor sich gegangen war, und denen niemand auch nur das Mindeste nachsagen konnte. Es war weder zu erfahren, aus welchen Gründen die beiden verhaftet worden waren, noch ob sie verurteilt und wo sie untergebracht worden waren. Manuilski gab auf wiederholte Vorstellungen Piecks hin die Antwort, daß er nicht verstehen könne, warum sich Pieck für die Verhafteten überhaupt einsetze. Fast alle hätten ja selbst gestanden und unterschrieben, daß sie im Dienste der Gestapo oder anderer feindlicher Stellen gestanden hätten. Und da doch niemand behaupten könne oder wolle, sie hätten diese Geständnisse unter Zwang abgelegt, sei doch zumindest soviel klar, daß es sich bei den Verhafteten, die unterschrieben hatten, um unzu-verlässige Personen handelte. Welchen Nutzen könnte die Partei von solchen Personen haben? Wie würden sie sich erst verhalten, wenn sie in den Händen der Gestapo wären und Torturen ausgesetzt würden? fragte Manuilski.\"20Offenbar erkannte nun Pieck die Sinnlosigkeit weiterer Unternehmungen. Am 25. Juni 1938 legte er jedenfalls der \"kleinen Kommission\" der KPD (Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht, Wilhelm Florin und Herbert Wehner) eine Liste von 158 verhafteten Kommunisten vor, um über deren Parteiausschluß zu entscheiden. Otto Dattan wurde unter Nr. 153 genannt. Noch am selben Tag unterschrieben mit \"Einverstanden mit dem Par-16 Vgl. Weber, \"Weiße Flecken\", a.a.O., S. 33. 17 Vgl. ZPA SED, I 2/3/82, BI. 283. 18 Ursprünglich 16. Bernhard Koenen wurde am 21.4. aus der Haft entlassen und sein Name von der Listegestrichen. Weiter standen auf dieser Liste: Paul Schwenk, Willy Kerff, Bernhard Richter, Otto Dattan, Walter Dittbender, Hans Hausladen, Gawrylowiecz, Theodor Beutling, Walter Rosenke, Magnus Satzger, Fritz Kalisch, Harry Schmidt, Max Maddalena, Horst Seydewitz, Frido Seydewitz. Vgl. ZPA SED, I 2/82, BI. 284-288.19 Ebenda, BI. 285.20 Wehner, Zeugnis, a.a.O., S. 214. W. Dietrich: Der Fall Dattan.!HK 1993 253teiausschluß\" Pieck und Ulbricht, am 1. Juli folgten Florin und Kurt Funk (Herbert Wehner).21 (Dokument Nr. 2)Inwieweit der Parteiausschluß das weitere Schicksal Otto Dattans beeinflußte, ist unbekannt. Auch ob sich in der folgenden Zeit die Moskauer Parteiführung nochmals um ihn bemühte, ist nicht verifizierbar. Vorhandene Dokumente aus den Jahren 1939 und 1940, die aussagen, daß Pieck noch einige Male für verhaftete Emigranten bei den sowjetischen Stellen intervenierte, lassen keine direkten Schlußfolgerungen hinsichtlich Dattans zu.22Dieser wurde, knapp zwei Monate vor seiner Ausbürgerung aus Deutschland, am 28. August 1938, von einem Leningrader Militärgericht vermutlich wegen Spionage für Deutschland angeklagt und zu zehn Jahren Straflager mit Schreibverbot verurteilt.23 Anschließend wurde er an einen unbekannten Ort verbracht, wo er dann auch zu Tode gekommen sein muß.Während die Umstände des Todes von Otto Dattan nach wie vor im Dunklen liegen, läßt sich indes der weitere Leidensweg seiner Tochter relativ genau rekonstruieren. Erika Dattan wurde am 23. Juni 1933 in Leningrad verhaftet. Zunächst warf man ihr Spionage zugunsten Deutschlands vor. Nachdem diese Anklage fallengelassen werden mußte, wurde sie der \"absichtlichen\" Ausgabe von Literatur mit faschistischem Inhalt in der Leningrader Staatsbibliothek bezichtigt. Trotz der Unhaltbarkeit auch dieser Anklage wurde sie verurteilt. Nach eineinhalbjähriger Untersuchungshaft sprach das Gericht am 23. September 1939 das Urteil. Sie erhielt fünf Jahre Arbeitsverbesserungslager. Nach Karaganda gebracht, mußte sie unter schwierigsten klimatischen Bedingungen schwerste Erd- und Steinarbeiten verrichten. Da wegen des Krieges keine Entlassungen vorgenommen wurden, verlängerte sich ihre Haftzeit auf über acht Jahre. Im Juli 1946 wurde sie aus dem Lager entlassen, mußte sich jedoch gleichzeitig verpflichten, auf Lebenszeit unter Aufsicht der Kommandantur in Karaganda zu bleiben. Erst 1955, nach 17 Jahren Haft, Arbeitslager und Verbannung, konnte sie heimkehren.24Eine halbe RehabilitierungNach Beendigung des Krieges begannen die in Deutschland verbliebenen Angehörigen von Politemigranten Nachforschungen über deren Verbleib anzustellen. Unter ihnen auch Dattans Frau Amanda und der Sohn Günter, die die Kriegswirren in die sowjetische Besatzungszone verschlagen hatten. Da sie von den schrecklichen Ereignissen in der Sowjetunion nichts wußten, wendeten sie sich ganz selbstverständlich an die Kaderabteilung des ZK der KPD sowie an die Konsularabteilung der SMAD in Berlin und erbaten Nachricht über Otto und Erika Dattan.25 Während die sowjetische Stelle überhaupt nicht antwortete, ließ die Abteilung Personalpolitik des Zentralsekretariats der inzwischen21 Vgl. ZPA SED, I 2/3/82, Bl. 235,236,255,256. 22 Vgl. Voßke, Briefe, a.a.O., S. 492; Neuer Brief Wilhelm Piecks aus dem Komintern-Archiv, in: NeuesDeutschland, 27.7.1989. S. 3. 23 Vgl. ZPA SED, IV/2/1 l/v., Bl. 69; NLED 2, Bescheinigung des Obersten Gerichts der UdSSR, 24.Februar 1962. 24 Vgl. ZPA SED, IV/2/11/v., Bl. 33/34, 69; NLED l, Brief an Generalstaatsanwalt der UdSSR, 24. April1955; NLED 2, persönliche Notizen Erika Dattan. 25 Vgl. ZPA SED, IV/2/11/v., BI. 96/106. 254 JHK 1993Biographische Skizzen/Zeitzeugenberichtegebildeten SED am 5. September 1946 vermelden, daß angestellte Erkundigungen \"leider negativ verlaufen sind\" .26Hier wurde von Anbeginn ein Dilemma bei der Aufklärung des Schicksals der in der UdSSR Verschollenen deutlich. Die Fakten der Ereignisse in den dreißiger Jahren wurden den eigenen Genossen verschwiegen. Zumindest die Verhaftungen und Parteiausschlüsse waren Pieck und Ulbricht ja gut bekannt, aber gerade letzterer trat im August 1946 dafür ein, diese den Angehörigen nicht mitzuteilen und ausweichende Antworten zu geben.27 Ähnlich muß auch Pieck laviert haben, als er im Herbst 1946 während einer Wahlversammlung in Sangerhausen mit Günter Dattan zusammentraf. Diesen Eindruck verstärkt der Brief Günter Dattans an Pieck vom 21. Dezember 1946, in dem er u.a. anfragte, ob Pieck denn seinen Vater in der Sowjetunion getroffen babe.28Immerhin hielt Pieck sein in Sangerhausen gegebenes Versprechen, weitere Nachforschungen über Vater und Schwester anzustellen. So konnte im April 1947 auch die Anschrift von Erika Dattan übermittelt werden, die sich 1946 beim Roten Kreuz in Moskau als Politemigrantin hatte registrieren lassen.29 Verschwiegen wurde allerdings wieder, daß auch sie verhaftet war und sogar die Frage der Überprüfung ihrer und ihres Vaters Angelegenheit aufgeworfen hatte.30 Andererseits genehmigte Ulbricht ihre Anforderung für die SED-Bibliothek in Berlin,31 die jedoch von den sowjetischen Stellen abgelehnt wurde.32Nun wandte sich auch Erika Dattan an Pieck. In einem Brief aus Karaganda vom 27. April 1948 schilderte sie ihr und ihres Vaters Schicksal, bat um Hilfe, ihr die Rückkehr nach Deutschland zu ermöglichen, und fragte, \"an was es liegt, daß meine Sache so sehr in die Länge gezogen wird.\"33 In seiner Antwort vom 3. Juli 1948 verwies Pieck auf die \"sowjetischen Instanzen\", stellte aber weitere Hilfe in Aussicht.34 Tatsächlich schrieb er auch am selben Tage noch an Suslow nach Moskau, bat um Rückkehr von Erika Dattan und Auskunft um den Verbleib von Otto Dattan.35 Letzlich verliefen jedoch alle Anfragen in diese Richtung mit dem gleichen Ergebnis. Stets wurde geantwortet, die Rückkehr von Erika Dattan sei abgelehnt und über Otto Dattan wäre nichts bekannt.36Niemand weiß, was in Pieck vorging, als er sich für die Dattans einsetzte. Schlug ihm, wie vielleicht schon 1938, das Gewissen gegenüber einem alten Kampfgefährten? Aber erlebte er hier nicht schon wieder die gleiche Ohnmacht gegenüber dem Sowjetapparat? Dennoch war er einer derjenigen, die ab 1948 die Stalinisierung der SED vorantrieben, womit auch die wirkliche Aufklärung des Schicksals der deutschen Stalin-Opfer und deren umfassende Rehabilitierung für die Folgezeit unmöglich wurden. So mußten26 Ebenda, BI. 103. 27 Vgl. Eder, Peter: Die Rückführung deutscher Opfer des Stalinismus aus der UdSSR und ihre Einglie-derung in das gesellschaftliche Leben der SBZ/DDR. Eine Bestandsaufnahme. Unveröff. Manuskript. O.O.u.J. S. 4. 28 Vgl. ZPA SED, IV/2/11/v., BI. 95. 29 Vgl. ebenda, BI. 88. 30 Vgl. ebenda, BI. 97. 31 Vgl. ebenda, BI. 84. 32 Vgl. ebenda, BI. 83. 33 Vgl. ebenda, BI. 73. 34 Vgl. NLED 2, Brief Piecks vom 3. Juli 1948. 35 Vgl. ZPA SED, IV/2/11/v., BI. 72. 36 Vgl. ebenda, BI. 70, 68, 67, 62, 61. W. Dietrich: Der Fall DattanJHK 1993 255zwangsläufig auch alle weiteren Nachforschungen und Bemühungen, die Amanda und Günter Dattan, Verwandte und Weggefährten37 unternahmen, im Sande verlaufen. Und in diesem Sinne hatte Hermann Duncker, verweisend auf seine vergebliche Suche nach seinem ebenfalls in der Sowjetunion verschollenen Sohn, schon im April 1948 an Günter Dattan geschrieben: \"So kann ich Dir auch wenig Hoffnung machen.\"38Dies wirkte um so depremierender, als Frau und Sohn aus dem Briefwechsel mit der Tochter von der Verhaftung und der Verurteilung Dattans erfahren hatten. Da alle bisherigen Versuche, ihn aufzufinden, gescheitert waren, ließen sie ihn auch angesichts seines hohen Alters - er war ja bereits über 75 Jahre alt - am 24. November 1951 durch ein Sangerhäuser Gericht für tot erklären.39 Trotzdem setzten sie die Suche nach ihm fort.Neue Hoffnungen keimten nach dem Tode Stalins und der vorsichtig beginnenden Tauwetterperiode in der Sowjetunion. In dieser Zeit konnte zumindest Erika Dattan zur Familie in die DDR zurückkehren. 1954 war ihre Verbannung auf Lebenszeit in Karaganda aufgehoben worden, was allerdings keine Rehabilitierung in der Strafsache der Jahre 1938/39 bedeutete. Die sowjetischen Behörden genehmigten jedoch die Ausreise. Die Ausreiseformalitäten wickelte die Moskauer DDR-Botschaft ab. Bezeichnend war die vorherige Abnahme einer Verpflichtungserklärung an das ZK der SED, \"alle [...] vonder Partei [...] auferlegten Aufgaben nach besten Kräften und Gewissen zu erfüllen\" .40Das schloß natürlich ein Stillschweigen über die Erlebnisse während des stalinistischen Massenterrors ein.Da sie aber noch Sowjetbürgerin war,41 forderte sie kurz vor ihrer Ausreise in die DDR ihre vollständige Rehabilitierung durch die Sowjetunion ein. Ein von ihr verfaßter Brief an den Generalstaatsanwalt der UdSSR vom 24. April 1955 analysierte die vollkommene Haltlosigkeit der Anschuldigungen in den dreißiger Jahren. Er machte auch die Tragödie der deutschen Kommunisten deutlich, die beschuldigt wurden, für den Faschismus gearbeitet zu haben.42 Eine Antwort erhielt Erika Dattan nicht. Bis sie von ihrer Rehabilitierung erfuhr, sollten noch Jahre vergehen.Indes wurde Otto Dattan in der DDR rehabilitiert. Die SED-Führung, die sich mit der Entstalinisierung in der Chruschtschow-Ära erneut mit dem Schicksal der KPD-Opfer Stalins konfrontiert sah, hatte eine Zentrale Parteikontrollkommission eingesetzt, um die Fälle der in der Sowjetunion verhafteten oder umgekommenen Genossen zu überprüfen. Diese Kommission hob den Parteiausschluß Dattans von 1938 am 15. Oktober 1956 auf und rehabilitierte ihn nach \"mutmaßlichem Tode\". Diesen Beschluß bestätigte das Sekretariat des ZK der SED am 9. November 1956. Weiter ist in den Kommissionsunterlagen zu lesen, daß die Frau Dattans mündlich vom Beschluß unterrichtet wurde, diese wiederum der wegen Krankheit abwesenden Tochter den Bescheid übermittele.43Freilich muß angemerkt werden, daß es sich hierbei um keine echte Rehabilitierung handelte. Sie betraf nur die Frage der Parteimitgliedschaft, nicht aber die wirklichen37 So die Wuppertaler Kommunisten Willy Kirschey und Willy Bölke sowie der Düsseldorfer Kommunist Ewald Ochel. In der SED waren es u.a. Albert Norden und Hermann Duncker.38 Vgl. NLED 2, BriefH. Dunckers, 14. April 1948. 39 Vgl. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Rep. KMW, VdN Akten, Dattan, Amanda, Pl/3, 29r. 40 ZPA SED, IV/2/11/v., BI. 36. 41 1957 wurde sie aus der sowjetischen Staatsbürgerschaft entlassen. Vgl. NLED 1, Schreiben derUdSSR-Botschaft in Berlin über Entlassung aus der Staatsbürgerschaft 26. März 1957. 42 Vgl. ebenda, Brief Erika Dattans an den Generalstaatsanwalt der UdSSR, 24. April 1955. 43 Vgl. ZPA SED, IV/2/11/v., BI. 5; vgl. auch: SED und Stalinismus, a.a.O., S. 153. 256 JHK 1993Biographische Skizzen/ZeitzeugenberichteHintergründe, die zum Ausschluß geführt hatten. Eine öffentliche Auseinandersetzung fand ohnehin nicht statt. Sie konnte nicht im Interesse der SED-Führung liegen, da sie das gesamte System in Frage gestellt hätte. Und mehr als halbherzig war es, auch die Angehörigen der Betroffenen zu Stillschweigen zu verpflichten. Zeugnis dafür ist die Aussage Günter Dattans in einem Brief an Helmuth Stoecker. Als dieser für die Arbeit an einem Buch über seinen Vater, Walter Stoecker, Informationen über den Weggefährten Otto Dattan sammelte, konstatierte dessen Sohn: \"Über seine letzten Lebensjahre möchte ich ohne ausdrückliche Zustimmung des ZK keine weiteren Aussagen machen. \"44 Wie das Schicksal der anderen KPD-Mitbegründer, die Opfer Stalins wurden,45 blieb so auch das Otto Dattans einer der vielen \"weißen Flecken\" in der DDR-Geschichtsschreibung. 46Auch in der Sowjetunion vollzog sich die Rehabilitierung deutscher Stalinopfer, soweit sie überhaupt stattfand, weitestgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Im Gefolge des XX. Parteitages der KPdSU waren, nicht selten unter dem Druck der Eingaben der Betroffenen, Gerichtsverfahren überprüft und die Verurteilten für unschuldig erklärt worden. Kenntnis davon erhielten viele von ihnen jedoch nicht. Eine Flut weiterer Anfragen war die Folge, die in einigen Fällen zu Gunsten der Antragsteller verliefen, wie im Falle Dattan. Im Dezember 1961 hatte Erika Dattan ein erneutes Rchabilitierungsgesuch, diesmal direkt an das ZK der KPdSU, gestellt.47 Ziemlich überraschend wurde im Februar 1962 eine Bescheinigung des Obersten Gerichts der UdSSR zugestellt, aus der hervorging, daß bereits am 8. Januar 1958 ein Leningrader Militärgericht das Verfahren gegen Otto Dattan überprüft, diesen für unschuldig erklärt und nach seinem Tode postum rehabilitiert habe.48 (Dokument Nr.3) Im Juli 1962 folgte der Rehabilitierungsbeschluß für Erika Dattan. Als Zeitpunkt der Überprüfung ihres Verfahrens wurde der 30. Januar 1956 genannt.49Nach der Wiederherstellung der Parteimitgliedschaft durch die SED war nun Otto Dattan durch die sowjetische Justiz rehabilitiert. Doch auch dies kann nur als formal angesehen werden. Bis zum heutigen Tage sind weder sein Leidensweg im GULag noch die Umstände seines Todes bekannt. Abgesehen vom bleibenden moralischen Schaden, steht eine wirkliche Rehabilitierung also noch aus. Da sie im stalinistischen System, das sich später \"real existierender Sozialismus\" nannte, unmöglich war, bleibt zu hoffen, daß44 NLED 1, Brief Glinter Dattans an Helmuth Stoeckcr, 29. März 1965. 45 Sichen KPD-Gründer fielen dem Stalin-Terror zum Opfer (Hugo Eberlein. Otto Dattan, WernerHirsch, Max Levien, Edwin Morgner, Fritz Sturm, Felix Wolf); vgl. Weber, \"Weiße Flecken\", a.a.O., S. 21. 46 Für die Zeit bis 1918 wird Otto Dattan erwähnt bei: Lohagen, Ernst: Die Jugend marschierte in der ersten Reihe, in: Vorwärts und nicht vergessen. Erlcbnisherichte aktiver Teilnehmer der Novemberrevolution 1918/19. Berlin (Ost) 1958. S. 502 f.; Norden, Albert: Wie ich zur Arhciterbewegung kam, in: Neues Deutschland, 12.12.1964. S. 3 (Beilage); Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Bel. 2. Berlin (Ost) 1966. S. 279; Vesper, Walter: Unser Ziel von damals - in der DDR verwirklicht, in: Neues Deutschland, 9.11.1978. S. 3; Fricke, Dieter: Handbuch zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Bel. 1. Berlin (Ost) 1987. S. 488; \"Er verstarb in der Emigration\", heißt es in einer Fußnote bei: Stoeckcr, Helmuth: Walter Stoeckcr - Die Frühzeit eines deutschen Arbeiterführers 1881-1920, Berlin (Ost) 1970. S. 176 und Norden, Albert: Ereignisse und Erlebtes. Berlin (Ost) 1981. S. 24. 47 Vgl. NLED l, Notizen Erika Dattan.48 Vgl. NLED 2, Bescheinigung des Obersten Gerichts der UdSSR, 24. Februar l 962.49 Vgl. ehcnda, Bescheinigung des Obersten Gerichts der UdSSR, 6. Juli 1962. W. Dietrich: Der Fall DattanJHK 1993 257unter den gegenwärtigen Bedingungen der Demokratisierung des ehemaligen Sowjetrei­ ches auch der Fall Dattan endgültig aufgeklärt werden kann.Dokument Nr. 1LEBENSLAUF OTTO DATTANS FÜR DIE KOMINTERNAbschrift! Vertraulich!LebenslaufIch, Otto Dattan, bin am 16. Febr. 1875 als Sohn des Bäckermeisters Bernhard Dattan in Allstedt50 in Thüringen geboren. Vom 6.-14. Jahre besuchte ich die dortige Volksschule. Mit der Entlassung aus der Schule kam ich in eine kaufmännische Lehre und war nach Beendigung derselben bis zu meinem 25. Lebensjahre schon in verschiedenen kauf­ männischen Geschäften als Gehilfe tätig. Im Jahre 1900 machte ich mich selbständig, indem ich in Elberfeld ein Kolonialwarengeschäft übernahm. Seit dieser Zeit bin ich politisch tätig. Nachdem ich zwei Jahre lang als unterstützendes Mitglied bei der SPD eingeschrieben, trat ich 1902 offen zur SPD über. Mit Ausbruch des Weltkrieges kam ich in offenen Widerspruch zur SPD-Leitung. Schon im Sept. 1914 kam auf meine Ver­ anlassung Julian Borchard, Berlin, nach Elberfeld und unter seiner Leitung wurde in El­ berfeld die erste Oppositionsgruppe gebildet und schlossen wir uns der linksradikalen Bremer Richtung an. Okt. 1916 nahm ich mit noch 2 Elberfelder Genossen an der illega­ len Jugendkonferenz teil in Jena. Der dort getätigte Beschluss, den 1. Mai 1916 unter allen Umständen - koste es was es wolle - zu feiern, bzw. zu demonstrieren, brachte den Gen. Karl Liebknecht ins Zuchthaus. Bei Verteilung von Protestflugblättern gegen Lieb­ knechts Verurteilung, wurde ich verhaftet (20. Juli 1916) und im Frühjahr 1917 wegen Aufreizung zum Klassenhass zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Im Sept. 1917 kam ich nach 14 monatlicher Haft und Gefängnis zur Entlassung und sollte anschließend hieran zum Militärdienst eingezogen werden. Eine schwere Lungen- und Rippenfellentzündung verhinderten die Einziehung. Mit Schluß des Krieges widmete ich meine ganze Kraft der Entwicklung des Spartakusbundes der Kommunistischen Partei. An den Gründungsver­ sammlungen 31. Dez. 1918 und l . Januar 1919 in Berlin nahm ich als Delegierter teil.Nach der Spaltung in Heidelberg baute ich mit Gen. Nellessen, Elberfeld, die Partei in Elberfeld erneut auf. Seit dieser Zeit habe ich immer im Vordertreffen der Partei gestan­ den. Jahrelang war ich Vorsitzender oder Kassierer und ebenso war ich jahrelang in der Unterbezirksleitung oder Bezirksleitung tätig. 1927 wurde ich Stadtverordneter und dann jahrelang Fraktionsführer. 1926 oder 1927 wurde ich in die \"Central-Revisionskommis­ sion d. Partei\" gewählt und habe diesen Posten bis zu meiner Verhaftung 1933 durchge­ führt. Neben meiner Tätigkeit für die Partei war ich seit 1904 für die Freidenkerbewe­ gung tätig und war auch dort jahrelang Mitglied der Unterbezirks- und der Bezirkslei­ tung. Am 1. März 1933 morgens 5 Uhr wurde ich aus dem Bette heraus verhaftet und in den Gefängnissen Elberfeld, Duisburg und Braunweiler bis 3. Juni 1933 festgehalten. Kurz nach meiner Entlassung sollte ich erneut verhaftet werden. Durch die Warnung ei-50 Im Original steht fälschlicherweise, ebenso wie in den Dokumenten Nr.2 und 3, Altstcdt. 258 JHK 1993Biographische Skizzen/Zeitzeuge,,berichtenes SA-Mannes konnte ich 2 Stunden vor der geplanten Verhaftung (nachts I Uhr) flüchten.Nachdem ich dann auch einige Wochen illegal im Rheinland gelebt, bin ich am 20. Juli 1933 nachts ins Saargebiet gegangen. Nach der Saarabstimmung habe ich am 20. Januar 1935 das Saargebiet verlassen und habe dann vorn 22. Jan. bis 5. Juni 1935, in Strassburg als Emigrant gelebt. An diesem Tage wurde das Strassburger Lager aufgelöst und die Emigranten nach La Roche sur Yon (Yendec) transportiert.Otto Dattan Moskau, den 26.8.1935-/sehn/!. 19.11.35Komintern-Archiv, Moskau, unsigniert. W. Dietrich: Der Fall DattanDokument Nr. 2JHK 1993 259Genossen Pieck21.6.1938Es ist notwendig über die Zugehörigkeit zur KPD Untenstehender zu entscheiden:1. Marcusson, Erwin geboren 1899 in Berlin, von Beruf Arzt. Mitglied791egilnieedr BdeerrliKnPeDr seit 1930. Er war angeschlossen153. Dattan, Otto 497geboren 1875 in Altstedt/Thüringen Zuletzterfasst in Wuppertal-Elberfeld Bürger-BürgerlHicehrkeurnft von Beruf Kaufmann Organisiertsiert in SPD von 1902/1914Spartakusbund von 1917In de einerr KPD dertrseeui.et sGterünnduunndgDer Genosssee war zuverlässigsten Gen.des Bezirks Niederrhein. Er war aktiverFunktionär im. Bezirksmasstab. Im März 1933wurde er in Deutschtlandverhaftet und imJuni aus der Haft entlasse?l4 Als seine nochmaligemalige Verhaftung bevorstand, flüchtete erund lebte einige Zeit illegal im Bezirk. Dannging er im Einverständnis der Partei nachSaarbrücken und kam im August 1935 nach derSU. Er lebte bei seiner Tochter r · in Leningrad Im Februar 1938 verhaftet •. . ,IZPA-SED, 12/3/82. 260 JHK 1993Biographische Skizzen/ZeitzeugenberichteDokument Nr. 3REHABILITIERUNGSBESCHEID DES OBERSTEN GERICHTS DER UDSSR FÜR OTTO DATTANHEPXOßHblH CYJJ.Co103a CoeeTcuux(()�lltBJIHCTHl.feCKHX pecny6nirnCITPABKA. Y.t-1„ qie:ipa.ri.H 196 2 r.N,�3.Jeno no o6BHHeHHW BATTAHA OTTO Eeperap-AOBHqa, 1884 I\'OA8 pcn;meHHH, ypomeH�a rop.Anb­mTBATB, AD apecTa - II �eBpanH 1938 I\'OA8 -6H6nHOT8K8pH rocyABPCTBBHHO� ny6nHqHott OH6nHO­T8KH B rop.JeHHHrpaAe, nepeCMOTpeHO BOBHITh!MTpH6yaanoH HeHHHrp8ACKOro BOBHHOro OKpyra 8 HH­B8pfl 1958 I\'OA8•TIOCT8HOBneHtte OT 28 aBrycTa 1938 ro�a BOTHOIDBHHH BATTAHA Q.E. OTM8H8ß0 H ABRO O HBM 38OTCYTCTBHeM COCT8B8 npecTynneHHH npeKpameHo.BATTAH o.E. 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Inhalt – JHK 1993

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