JHK 1993

Die Kommunistische Partei Jugoslawiens und die Komintern. Dokumente zur \"jugoslawischen Frage\" 1936

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 187-196

Autor/in: Vera Mujbegovic und Ubavka Vujosevic (Belgrad)

Die Tätigkeit der im Frühjahr 1919 gegründeten Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) war schon zu Beginn der zwanziger Jahre Gegenstand von Auseinandersetzungen in der Komintern. Die \"jugoslawische Frage\", besonders das Problem der Gruppen- und Fraktionskämpfe innerhalb der KPJ, wurde in verschiedenen Kommissionen auf Kongressen sowie Sitzungen des Exekutivkomitees der Komintern (EKKI) und dessen Instanzen erörtert. Die Komintern schickte mehrere Emissäre nach Jugoslawien, richtete l 928 einen \"Offenen Brief\" an die Mitglieder der KPJ, und das EKKI intervenierte zeitweilig direkt, indem es einzelne Funktionäre bzw. ganze Führungsgremien der Partei absetzte oder ernannte.Besonders harsch reagierte die Komintern auf die Plenarsitzung des ZK der KPJ, die vom 9. bis 10. April 1936 in Wien stattgefunden hatte. Sie bemängelte vor allem, daß das April-Plenum ohne Einverständnis der Mehrheit der ZK-Mitglieder - einige befanden sich in Jugoslawien, andere in Moskau - und auch ohne Wissen des EKKI (ein Präzedenzfall in der Geschichte der Komintern) einberufen worden war. Zudem wurde kritisiert, daß die Beschlüsse des Plenums der vom VII. Weltkongreß der Komintern festgesetzten Politik zuwiderliefen. Schließlich richtete sich die Kritik gegen ernste Differenzen in der Führung der KPJ, vor allem was die Einschätzung der Ursachen für die Mängel in der Parteiarbeit, die mangelnde Wachsamkeit und Nachgiebigkeit gegenüber einzelnen Kadern (die es gegenüber der Polizei an Standfestigkeit und Durchsetzungsvermögen vermissen ließen, aber dennoch auf wichtige Parteiposten kamen) anging. Alte Meinungsverschiedenheiten zwischen ZK-Mitgliedern brachen erneut auf, zusätzlich befördert durch die Intoleranz Einzelner oder von Fraktionen. Dies wog um so schwerer, als die KPJ polizeilichen Verfolgungen ausgesetzt war, infolgederen ihre Mitgliedschaft arg dezimiert wurde (im Zeitraum Ende 1935/Frühjahr 1936 wurden etwa 1.500 Mitglieder und Sympathisanten der KPJ verhaftet, wobei sich in Prag und Wien viele ZKMitglieder unter den Inhaftierten befanden).Aus den erst seit kurzem zugänglichen Dokumenten im Komintern-Archiv ergibt sich eine Reihe neuer Details hinsichtlich der Maßnahmen, die das EKKI gegenüber der KPJ im Jahr 1936 ergriff. Angesichts der Tatsache, daß das Sekretariat des EKKI schon seit etlichen Monaten wegen der Führung der jugoslawischen KP \"Sorgen hatte\", schlug Wilhelm Pieck mit Einverständnis der Kaderabteilung des EKKI Ende April 1936 in seinem Bericht an G. Dimitrow vor, den Parteisekretär der KPJ, M. Gorkic, und K. Hudomalj, der seit längerem in Jugoslawien weilte, sofort zum Rapport nach Moskau zu bestellen. Dennoch dauerte es bis Ende Juli, ehe Gorkic in Moskau ankam (Hudomalj war zwischenzeitlich verhaftet worden) und die Erörterung der \"jugoslawischen Frage\" beginnen konnte, die unter zeitweiliger Beteiligung von Funktionären und Aktivisten der KPJ ganze fünf Monate dauern sollte.Auf einer Reihe von Sitzungen des EKKI-Sekretariats und einiger Kommissionen sowie in Beratungen der Kaderabteilung des EKKI wurde die damalige Politik der KPJ einer kritischen Überprüfung unterzogen. Sie endete mit dem Beschluß des Sekretariats 188 JHK 1993Dokumentationdes EKKI zur \"jugoslawischen Frage\" vom 7. Januar 1937, in dem u.a. die neuen Mitglieder des Politbüros der KPJ ernannt wurden. Mit der durch diesen Beschluß ausgesprochenen Bestätigung einer Resolution des ZK der KPJ zur Taktik und Parteiarbeit sowie seines Aufrufs, der die Beschlüsse des VII. Weltkongresses der Komintern wiedergab, war die \"jugoslawische Frage\" für einige Zeit von der Tagesordnung.Mit der Öffnung des Komintern-Archivs im ehemaligen Zentralen Parteiarchiv im Institut für Marxismus-Leninismus in Moskau - jetzt Russisches Zentrum für die Aufbewahrung und Erforschung von Dokumenten der neuesten Geschichte (im weiteren RZAEDNG) - ist es möglich, sich einen besseren Einblick in die Politik der Komintern gegenüber der KPJ zu verschaffen und sich ein genaueres Bild von der Krise innerhalb der Führung der jugoslawischen Partei zu machen. Dazu liegen mehrere - ungefähr zwanzig -, bislang unbekannte Dokumente aus den Aktenbeständen des Sekretariats des EKKI, des Generalsekretärs G. Dimitrow und des Sekretärs W. Pieck vor.Hier wird eine Auswahl von sieben wichtigen Dokumenten präsentiert. Es handelt sich dabei um Auszüge aus den Protokollen der Sitzungen des EKKI-Sekretariats vom 15. August 1936 (mit einer Rede von G. Dimitrow), vom 19. September 1936 und vom 7. Januar 1937 (mit dem Beschluß des EKKI zur \"jugoslawischen Frage\") sowie um einen Brief des Sekretärs des ZK der KPJ, Milan Gorkic, vom 2. Oktober 1936 und einen Arbeitsplan für J.B. Tito vom 12. Oktober 1936.Die Originale der Dokumente befinden sich im RZAEDNG in Moskau, Kopien auf Mikrofilm im jugoslawischen Staatsarchiv in Belgrad. Außer zwei Protokollen, die wir auszugsweise dokumentieren (da sie nur teilweise die KPJ betreffen), haben wir alle hier präsentierten Quellen unverändert gelassen. Grobe orthographische und Zeichenfehler wurden stillschweigend verbessert; Korrekturen inhaltlicher Fehler sind im Anmerkungsapparat angezeigt. Von den sieben Dokumenten, die hier zum ersten Mal veröffentlicht werden, waren fünf in deutscher, zwei in russischer Sprache geschrieben.!Dokument Nr. 1VertraulichPROTOKOLL (A) NR. 66 DER SITZUNG DES SEKRETARIATS DES EKKI AM 15. AUG[UST] 1936Anwesend: Dimitrow, Manuilski, Moskwin, Pieck, Wan-Min, Anwelt, Arnot, Bronkowski, Fritz, Hopner, Kolarow, Losowski, Mandoljan, Mingulin, E. Müller, Ponomarjew, Rasumowa, Raymond, Sergejew, Skulski; zeitweilig: Alexandrowa, Fleischer, Fred, Frumkin, Gorkic, Gromow, Karolski, Kiranow, Kirsanowa, Licht, Majkowskowa, Nikitina, Petrowski, Schmidt, Spinner, Spiridonow, Stassowa, Tschernomordik, Walecki, Walter.21 Sie wurden von Carsten Tessmer übersetzt. 2 Unter den zeitweilig Anwesenden waren folgende Mitglieder der KPJ: Fleischer = Josip Grzetic,Gorkic = Josip Cizinski, Licht = Rade Vujovic, Petrowski = Kamilo Horvatin, Schmidt = Blagoje Parovic, Walter= Josip Broz Tito. V. Mujbegovic/U. Vujosevic: KPJ und KominternJHK 1993 189Be h an de 1t: 1. [ ... ] 2. (453) Bericht über das April-Plenum des ZK der KP Jugoslawiens. Berichterstatter: GORKIC. Diskussionsredner: Fleischer, Pieck, Dimitrow.B e s c h l o s s e n: 2. Die Frage einer Kommission aus den Genossen Bronkowski, Gorkic, Kolarow, Manuilski, Moskwin, Pieck (Vorsitzender), Prokofjew, Tschernomordik und Walecki zur Behandlung zu übergeben. Die Kommission soll insbesondere die Frage der Leitung der KP Jugoslawiens sowie die Frage der Verletzung der internationalen Disziplin seitens einer Reihe jugoslawischer Genossen behandeln.3 Frist: zehn Tage.RZAEDNG,/495, op.18, d.1109 (Auszug aus dem Protokoll in deutscher Sprache)Dokument Nr. 2REDE GEORG! DIMITROWS AUF DER SITZUNG DES SEKRETARIATS DES EKKI AM 15. AUGUST 1936Dimitrow: Es ist nötig, andere Formen zu finden, um der jugoslawischen Partei zur richtigen Einstellung zu allen Fragen zu verhelfen. Man darf nicht zulassen, daß Jugoslawien zu einem faschistischen Staat wird.Zweitens darf man nicht zulassen, daß die demokratischen Kräfte der Völker Jugoslawiens ausgenutzt werden zur Festigung eines reaktionären, faschistischen Regimes. Im Gegenteil müssen alle demokratischen Kräfte der serbischen, slowenischen, dalmatinischen, mazedonischen usw. Völker zusammengeführt werden, müssen sie vereint werden im Kampf für eine föderale, demokratische Republik in Jugoslawien.Es ist notwendig, Abstand zu nehmen von der früheren Auffassung einer Zerstückelung Jugoslawiens in kleinere Territorien.4 Unter den gegenwärtigen Verhältnisse ist die Aufteilung Jugoslawiens eine Frage von Krieg. Man muß sich daran erinnern, wie Jugoslawien in diesen Grenzen entstanden ist und daß man in diesen Grenzen die demokratischen Kräfte der Völker Jugoslawiens zusammenführen muß in eine föderale, demokratische Republik, um die Demokratie und die innere Autonomie der Slowenen, Mazedonier, Dalmatiner usw. zu verwirklichen.Es ist drittens notwendig, die Frage der Parteiführung organisatorisch zu durchdenken und die Parteiführung zu sichern. Zur Zeit existiert eine Parteiführung im eigentlichen Sinne nicht. Die Parteiführung weiterhin in solch einem Zustand zu belassen, verbietet sich in jedem Fall. Man muß über diese Frage nachdenken, ob man den Apparat der ständigen, unmittelbaren Parteiführung in das Land verlegt und ein Auslandsbüro mit3 Die Protokolle der Kommissionssitzungen sind bis jetzt nicht auffindbar. 4 Die frühere Parteilinie wurde durch die auf dem V. Kongreß der Komintern 1924 verabschiedete Reso-lution über die nationale Frage in Mitteleuropa und auf dem Balkan vorgegeben und später durch den IV. Parteitag der KPJ 1928 in Dresden bestätigt. Sie galt bis zum Sommer 1936, obwohl das ZK der KPJ bereits während seines Juni-Plenums 1935 von der Vorstellung einer Auflösung Jugoslawiens abgerückt war. 190 JHK 1993Dokumentationzwei, drei Mann einrichtet, das die Verbindung zwischen dem Inlandsapparat der Führung und uns aufrechterhielte.5 Das Zentralkomitee und ein Büro im Ausland, wie es jetzt der Fall ist - das bringt nichts. Man muß die Möglichkeiten konkret erörtern.Und schließlich ist es notwendig, die führenden Genossen der jugoslawischen Partei zu überprüfen, die die internationale Disziplin verletzt haben. Davon (von den Verstössen gegen die internationale Disziplin; d. Übers.) zeugt nicht nur das Plenum, sondern auch eine Reihe anderer Fakten. Es ist zu klären, wer dafür die Verantwortung trägt, was nötig ist, um die internationale Disziplin zu festigen, um die Beschlüsse des VII. Kongresses richtig zu verstehen.Selbständige Entscheidungen - ja, Autonomie - ja, aber die internationale Disziplin bleibt erhalten, eine internationale Führung ist unabdingbar. Und daher ist es notwendig, innerhalb der Partei ernste Maßnahmen zu ergreifen: Aufklärung, Überzeugung, Geldstrafen und politische Bestrafungen. Das sind die Fragen, die ich stellen wollte, neben den Fragen, die die Genossen vorgebracht haben, den politischen und taktischen Fragen, die in der Kommission geklärt werden müssen. Ich würde vorschlagen, daß die Kommission die jugoslawische Frage nicht generell, sondern diese konkreten Fragen klärt und jeden überprüft. In der Führung der jugoslawischen Partei gibt es solche, die für diese Arbeit absolut nicht taugen. In anderer Hinsicht sind sie gute Menschen, doch für diese Arbeit taugen sie nicht. Bei euch gibt es wirkliche, wahrhaftige Schädlinge. Man muß seine Sachen in Ordnung bringen, die Leute überprüfen. Und dann werden wir imstande sein, solch eine Führung, eine provisorische Parteiführung zu bilden, die innerhalb des Landes führen kann, die in der Lage ist, ihre Kräfte zu sammeln, zu festigen und die vor ihr liegenden Aufgaben zu erfüllen.Ich würde folgende Zusammensetzung der Kommission vorschlagen: Gen. Pieck als Vorsitzenden, als Kommissionsmitglieder die Gen. Manuilski, Moskwin, Kolarow, Walecki, Gorkic, Tschemomordik, Bronkowski, Prokofjew.Bei Euch in Jugoslawien sind die Bedingungen günstig. Wenn man sich Fotos von Demonstrationen, Versammlungen ansieht, die in Belgrad organisiert wurden, dann sieht man eine echte Massenbewegung, und plötzlich ist es eine Volksfront nur von unten. Es ist notwendig, daß die Partei Druck auf die übrigen Parteien ausübt und solch eine Atmosphäre erzeugt, die diese Parteien in die Volksfront zwingt und nicht bittet. Wenn wir bitten, bringt das nichts, dann handelt von unten.Damit beenden wir die Erörterung dieser Frage.RZAEDNG,f495, op.18, d.1109, l.5, 6. (Original in russischer Sprache)5 Da die in der Illegalität tätige KPJ sich nach der Januar-Diktatur 1929 verstärktem Polizeiterror ausgesetzt sah, befand sich ihre engere Führung seit dem Frühjahr 1929 in Wien und seit Ende 1936 in Paris. V. Mujbegovic/U. Vujosevic: KPJ und KominternJHK 1993 191Dokument Nr. 3Streng vertraulichPROTOKOLL (B) NR. 75 DER SITZUNG DES SEKRETARIATS DES EKKI AM 19. SEPTEMBER 1936Behandelt: 8. (489) Über die Arbeit der seitens des Sekretariats eingesetzten Kommission zur jugoslawischen Frage (siehe Protokoll Nr. 66 (A) vom 15. August 1936). BERICHTERSTATTER: Pieck. DISKUSSIONSREDNER: Dimitrow, Gorkic, Manuilski, Walter.Beschlossen: 8.a) Als notwendig zu betrachten, daß die operative Leitung der KP Jugoslawiens sich im Lande befindet. b) Im Auslande bleibt nur eine Vertretung der Leitung für Verbindungen mit dem Lande und dem EKKI, für die Arbeit unter der Emigration und die Herausgabe von Parteiliteratur. Was die personelle Zusammensetzung der Leitung betrifft, so wird der Genosse Manuilski beauftragt, die Frage gemeinsam mit der Kaderabteilung für das Sekretariat vorzubereiten.Generalsekretär des EKKI: (DIMITROW)RZAEDNG,!495, op.18, d.1135, l.6 (Original in deutscher Sprache)Dokument Nr. 4GORKIC AN PIECK UND MANUILSKIW.G.Ich schlage vor, daß die Abreise des Genossen Walter beschleunigt wird. Es besteht nicht die unbedingte Notwendigkeit, daß Genosse Walter hier bis zur endgültigen Regelung aller unserer Fragen bleibt. Seine Abreise soll aus folgenden Gründen beschleunigt werden:1) Im Oktober-November gehen im Lande die Gemeinderatswahlen vor sich. Im Zusammenhang damit ist es notwendig, die Arbeit der durch Abwesenheit von uns allen geschwächten Parteileitung zu stärken.2) Im Lande entwickelt sich eine mächtige Streikwelle (rund 50.000) Streikende nur im August ds.Js.). Es konnten in diesem Zusammenhang eine Reihe von wichtigen Maßnahmen unternommen werden, über die wir hier nicht Bescheid wissen.3) In der Partei selbst, dank der spannenden innerparteilichen Lage und der früheren Fehler, gibt es sehr ungesunde Tendenzen. So z.B. in Slowenien ist eine separatistische 192 JHK 1993DokumentationTendenz entstanden.6 Wir wissen überhaupt nicht, was das PB in diesem Zusammenhang unternommen hat. Diese Frage ist in Verbindung mit der Vorbereitung des Kongresses der KP Sloweniens und KP Kroatiens außerordentlich wichtig.4) Für die Durchführung unserer Beschlüsse besonders über die Führung der Partei müssen schon jetzt gewisse Vorarbeiten (im Oktober) durchgeführt werden. Beginn der Änderung der Zusammensetzung des illegalen technischen Apparates, Sendung von zwei Genossen in das Land - Stanoje und Rosenko -, welche die Vorbereitung im Lande machen sollen, usw.8Aus allen diesen Gründen schlage ich vor, den Genossen Walter möglich schnell abzusenden.2. Oktober 1936Mit kommunistischem Gruß M. Gorkic.NS. Vor seiner Abreise werden im Einvernehmen mit dem Sekretariat des Genossen Pieck und der Kaderabteilung genaue Instruktionen über die Arbeit des Genossen Walter und seine Vollmachten ausgearbeitet werden.RZAEDNG, f495, op.11, d.286, l.298, 297 (Original in deutscher Sprache)Dokument Nr. 5ARBEITSPLAN FÜR WALTER9Die Genossen Andrej und Senko, 10 die hierher berufen sind, werden von der Arbeit befreit; sie sollen sofort alle Geschäfte übergeben und sich nach dem Visumsort begeben.Bis zur Neukonstituierung des ZK führt die Geschäfte W[alter] zusammen mit L[oewy]ll unter Verantwortung von W[alter] durch.Die unmittelbaren Aufgaben des Genossen Walter sind folgende: 1. Die Vorbereitungsmaßnahmen für die Durchführung der Beschlüsse über die Arbeit der Parteileitung einleiten. (Entsendung von einem oder zwei Genossen zur Überprüfung des illegalen technischen Apparates im Lande, Forcierung und Ausbau der notwendigen organisatorischen Bedingungen für die Arbeit der Mitglieder der Leitung).6 Es geht um die Forderung des Parteiaktivs Sloweniens vom 23. August 1936 nach Loslösung der slowenischen Parteiorganisation aus der KPJ und nach Gründung einer selbständigen KP Sloweniens, die direkt der Komintern angebunden werden sollte.7 Im April 1937 wurden die KP Sloweniens und im August desselben Jahres die KP Kroatiens als Teile der KP Jugoslawiens gegründet.8 Stanoje = Sreten Zujovic, Rosenko = Rodoljub Colakovic. 9 Am 16. Oktober 1936 sprach Wilhelm Pieck mit Josip Broz Tito über dessen bevorstehende Abreiseund gab ihm einige Direktiven mit auf den Weg. Am selben Tag verließ Tito (mit einem auf den Namen Iwan Kissic ausgestellten jugoslawischen Paß) Moskau. Durch Polen fuhr er nach Prag und weiter nach Wien. Anfang Dezember begab er sich nach Jugoslawien, um dort in der Illegalität tätig zu wer-den. 10 Andrej (= Stjepan Cvijic) und Senko (= Vladimir Copic) waren beide Mitglieder des ZK der KPJ. 11 Loewy (= Adolph Muck) war genauso wie Walter Mitglied des Politbüros der KPJ. V. Mujbegovic/U. Vujosevic: KPJ und Komintern.!HK 1993 1932. Von unmittelbaren Aufgaben sollen sich Walter, Loewy und ihre Mitarbeiter auf folgende konzentrieren:a) Kampf gegen die faschistische Intervention und Hilfe und Solidaritätsaktionen für Spanien;b) Kampf gegen die kontrarevolutionären und trotzkistischen Elemente; c) Leitung und Entfaltung der Streikbewegung; d) Volksfront und Einheitsfront im Sinne der Diskussion und der entsandten Briefe; e) Vorbereitung der Kongresse der KP Kroatiens und KP Sloweniens; f) Innerparteiliche Konsolidierung in Slowenien; g) Leitung, Mitarbeit und ausreichende Hilfe für die E.A.P.12 und legale Presse. 3. Die Arbeit der Parteileitung im Geiste und Sinne der Diskussionen hier und [der] bevorstehenden Beschlüsse zu führen und streng darauf zu achten, daß die Tätigkeit der Leitung nicht durch endlose Diskussionen gestört wird. Die Genossen Walter und Loewy haben das Recht, für ihre Arbeit die Instrukteure des ZK Rosenko und Stanoje heranzuziehen. 12.X.1936RZAEDNG, f495, op.11, d.286, ohne Seitenangabe (Original in deutscher Sprache)Dokument Nr. 6VertraulichPROTOKOLL (A) NR. 103 DER SITZUNG DES SEKRETARIATS DES EKKI AM 7. JANUAR 1937Anwesend: Dimitrow, Ercoli. Florin, Kuusinen, Manuilski, Moskwin, Pieck, Wan-Min, Alchianow, Kolarow, Losowski, Pollitt, Ponomarjew, Sergejew, Walecki; zeitweilig: Arno!, Tom Bell, Bronkowski, Eisenberger, Lewin, Loba, Magnus, Mason, Rose Michel, Mingulin, Railock, Randolph, Varga.Behandelt: 1. [ ... ] 2. (555) Bestätigung der Dokumente zur jugoslawischen Frage; a) Entwurf des Beschlusses des Sekretariats des EKKI zur jugoslawischen Frage; 13 b) Aufruf des ZK der KP Jugoslawiens; 1412 Hinter diesem Kürzel verbirgt sich die Einheitliche Arbeiterpartei, die auf Vorschlag der KPJ am 8. September 1935 als legale Organisation gegründet worden war, um Kräfte für die Einheits- und Volksfront zu sammeln.13 Siehe Dokument Nr. 7. 14 Es geht um den Aufruf des ZK der KPJ \"Gegen die Kriegsgefahr, gegen den Angriff der faschistischenReaktion! Vereinigen wir alle demokratischen Kräfte in der kämpferischen Volksfront in .Jugoslawien! An das arbeitende Volk 1 Allen Völkern Jugoslawiens 1\", publiziert in: Prolcter, Nr. 2, Februar 1937. 194 JHK 1993Dokumentationc) Resolution des ZK der KPJ zum Bericht über das Aprilplenum.15 Berichterstatter: Pieck. 3. [...]Beschlossen: 2. Die Dokumente werden mit den vom Genossen Pieck vorgelesenen, in der fliegen-den Abstimmung gemachten Abänderungsvorschlägen bestätigt. Die Genossen Dimi-trow und Pieck werden mit der endgültigen Redigierung der Dokumente beauftragt.(Siehe fliegende Abstimmungen in der Anlage. - Dokument A = Beschluß des Sekre-tariats siehe im Protokoll B.)Generalsekretär des EKKI: (Dimitrow.)RZAEDNG,f495, op.18, d.1151, l.142 (Auszug aus dem Protokoll in deutscher Sprache)Dokument Nr. 7Streng vertraulichEndgültiger TextBESCHLUSS DES SEKRETARIATS DES EKKI ZUR JUGOSLAWISCHEN FRAGE1. Das Sekretariat bestätigt den Aufruf und die innerparteiliche Resolution des ZK der KP Jugoslawiens vom November 1936. Dem Politbüro wird es zur Pflicht gemacht, dem Parteiaktiv mitzuteilen, daß beide Dokumente mit dem Sekretariat des EKKI abgestimmt sind.2. Das Sekretariat bringt seine Mißbilligung darüber zum Ausdruck, daß im April d[es] J[ahres] unter der Bezeichnung Plenum des ZK eine zentrale Sitzung von Parteifunktionären abgehalten wurde,16 ohne andere Mitglieder des ZK der KP Jugoslawiens und das Sekretariat des EKKI vorher sowohl über die Sitzung als auch über deren Tagesordnung zu benachrichtigen, und daß die auf dieser Sitzung gefaßten Beschlüsse ohne vorheriges Einverständnis des Sekretariats des EKKI veröffentlicht worden sind. Dieses Vorgehen stellt einen klaren Verstoß gegen die innerparteiliche Demokratie und die internationale Disziplin dar.3. Das Sekretariat konstatiert, daß die in den Beschlüssen des April-Plenums festgelegte Linie dem Kurs des VII. Weltkongresses der Komintern widerspricht und daß diese Beschlüsse sektiererische Fehler enthalten, die sich schädlich auf die Parteiarbeit und Errichtung einer Einheits- und Volksfront auswirken.4. Solch ein Zustand in der KPJ spiegelt die Schwäche der Führung wider, die eine Reihe ernster Verstösse gegen die Regeln der Konspiration begangen hat und nicht imstande gewesen ist, die besten Elemente der Partei in ein starkes und zuverlässiges Par-15 \"Die Resolution des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei über die Taktik und Arbeit der Partei (zum Bericht über das April-Plenum)\", in: Arhiv Jugoslavije, Fond KI, 1936/390.16 Dieses Plenum wurde ohne Wissen des EKKI und einiger ZK-Mitglieder am 9./10. April 1936 in Wien abgehalten. V. Mujbegovic/U. Vujosevic KPJ und KominternJHK 1993 195teiaktiv zusammenzuschweißen. Statt notwendiger innerer Geschlossenheit der Parteiführung fand im abgelaufenen Jahr ein Kampf zwischen Gruppen statt, den A[ndrej] undW[interl 17 führten. Aus diesem Grunde werden beide Genossen ihrer Posten in der ju-goslawischen Partei enthoben und aus dem ZK der KPJ entfernt. 5. Der Genosse G[orkic] 18 ist gegen diese Erscheinungen ohne die notwendige Ent-schiedenheit aufgetreten. Anstatt sie prinzipiell zu bekämpfen, hat er sich auf faule Kompromisse mit den Genossen A[ndrej] und W[inter] eingelassen und damit die Beseitigung der auf dem Plenum aufgetretenen politischen Differenzen verhindert.6. Das Politbüro wird verpflichtet, mit aller Energie den bislang fehlerhaften Kurs der Partei im Sinne der beiden jetzt verkündeten Parteidokumente zu korrigieren.Das Zentralorgan der Partei muß möglichst bald im Lande organisiert werden und dort herauskommen.197. Es muß eine starke, einheitliche Parteiführung im Lande gebildet werden, die aus einem Politbüro mit 5 Mitgliedern und 2 Kandidaten besteht.Von den Mitgliedern des Politbüros arbeitet Genosse G[orkic] im Ausland. Er ist der Sekretär des ZK der KP Jugoslawiens und vor der Partei und der Komintern für die Parteiführung verantwortlich. Ohne besonderes Einverständnis des Sekretariats des EKKI ist er nicht berechtigt, in ein Land zu reisen.Von den Politbüromitgliedern, die im Lande arbeiten, ist der Genosse W[alter]20 für das Funktionieren der Führung verantwortlich.Im übrigen wird die Arbeit unter den Mitgliedern des Politbüros nach dessen Maßgabe aufgeteilt.Die Kollektivität in der Arbeit des Politbüros muß durch eine gute Organisation der Verbindungen zwischen dem Sekretär und der Parteileitung im Inneren gewährleistet werden. Hierzu gehören neben systematischer Information und Briefwechsel mit dem Lande persönliche Treffen des Sekretärs mit einzelnen Politbüromitgliedern. Auch ist es zweckmäßig, daß Mitglieder des Politbüros zeitweise für einige Monate zusammen mit dem Sekretär im Ausland arbeiten.Die Führung im Lande trifft selbständig, auf eigene Initiative oder auf Vorschlag des Sekretärs Entscheidungen zur Erfüllung der Beschlüsse des ZK. Wenn der Sekretär mit irgendeiner der Entscheidungen nicht einverstanden ist, die im Lande getroffen worden sind, dann muß die Frage ein zweites Mal von der Leitung im Lande einer Prüfung unterzogen werden.8. Das Sekretariat des EKKI bestätigt folgende Vorschläge des ZK der KP Jugoslawiens:17 Winter= Vladimir Copic. lm russischen Original wurde fälschlicherweise der Name Winters durch die Initiale \"B\" abgekürzt. Der Fehler wurde hier korrigiert.18 Im russischen Original steht fälschlicherweise W[inter], doch geht aus dem Inhalt des Beschlusses und aus dem Entwurf in deutscher Sprache eindeutig hervor, daß es sich hier um den Sekretär des ZK der KPJ, Milan Gorkic, handelt. Der Fehler wurde hier korrigiert. Dasselbe gilt für die Punkte 7 und 8 a) dieses Dokuments.19 Das Zentralorgan der KPJ war damals der \"Proleter\", der illegal in Wien und Paris herausgegeben wurde.20 Im russischen Original steht fälschlicherweise G., doch geht aus dem Entwurf in deutscher Sprache eindeutig hervor, daß es sich hier um Josip Broz Tito (Walter) handelt. Der Fehler wurde hier korrigiert. Dasselbe gilt für den Punkt 8 a) dieses Dokuments. 196 JHK 1993Dokumentationa) Das Politbüro besteht aus den Genossen G., W., D., J., Z. und zwei Kandidaten. Die Kandidaturen letzterer müssen noch von den Genossen aus dem Politbüro im Lande dem Sekretariat des EKKI zur Bestätigung vorgelegt werden.b) Die Genossen D., E. und Z. werden als Mitglieder in das ZK kooptiert.c) Genosse F. bleibt als Repräsentant der Partei, Genosse P. als Referent bei der Komintem.22RZAEDNG,!495, op.18, d.1151, l.551-553 (Original in russischer Sprache)21 Hinter den Initialen verbergen sich Milan Gorkic, Josip Broz Tito (Walter), Franz Leskosek, Sreten Zujovic (Stanoje) und Rodoljub Colakovic (Rosenko).22 Der KPJ-Repräsentant beim EKKI war Ivan Grzetic (Fleischer), der Referent beim EKKI war Kamilo Horvatin (Petrowski). Im russischen Text waren falsche Initialen (Z. und 1.) angegeben. Dies wurde hier korrigiert.

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